Finale
Samstag 6 Uhr morgens! Der letzte Großeinkauf im Feinkostladen! Die Damen und Herren sind etwas von Wehmut ergriffen. Ich nicht! Ich bin froh, wenn es vorbei ist.
Maître Gayet meinte, wir könnten trotz allem weiterhin zusammen Cappuccino



trinken. Auch wenn es sich künftig nur noch um Minieinkäufe handeln würde.

Zuhause machte ich mich an die Zubereitung der Torte. Besser gesagt der Törtchen. Die Küchenmaschine gab ihr bestes und während ich diverse Vorbereitungen traf, rührte sie luftig, lockeren Teig.
Die Masse wurde auf zwei Backblechen verteilt. Nun ja! Da sich auf jedem Backblech die gleiche Menge Teig befinden sollte, musste er vorher gewogen werden. Zwei weitere Schüsseln mussten her.
Die Mandeln, der Zucker, der Zimt… alles exakt abgewogen…. Der Schüsselberg wuchs und das Wissen, es würde der letzte Kuchen meines Lebens werden, ließ mich ihn tolerieren.
Ich verteilte Mandeln auf den Teigen und schob alles in den Ofen.
Nun ja! Sagen wir mal so… als ich die leeren Schüsseln in der Spülmaschine stapelte… war doch wirklich noch Zucker in zweien. Tja! Der Zucker, der eigentlich über die Mandeln gestreut werden sollte… und ja! Es gab auch zwei Schüsseln mit Zimt…!
Aber meine Gäste wissen doch nicht, dass auf den Kuchen auch Zucker und Zimt gehört… was soll’s!
Es gibt schlimmeres!

Ich gönnte mir eine kleine Pause und zwei Cappuccino




Dann begann ich, das Suppengemüse zu schneiden, holte die Bleche aus dem Ofen, pellte Zwiebeln und Knoblauch, hackte Petersilie und wollte Champignons schneiden… ups… die hatte ich vergessen.
Kurzer Anruf im Feinkostladen und die Champignons waren unterwegs.

Das Suppenhuhn waschen… innen und außen… in den Topf legen… Wasser drüber und ab auf den Herd.
Da wir schon beim Waschen waren, reinigten wir auch noch die Hähnchenschenkel und tupften sie trocken. Also, wenn wir im letzten Jahr etwas gelernt haben, dann ist es dies: Fleisch vor dem Braten immer trocken tupfen. Können wir gut…

Wir stachen die Böden aus den Teigplatten



als es läutete und die Champignons eintrafen. Wir beendeten das Ausstechen und schnitten die Champignons.


So! Sämtliche Vorbereitungen abgeschlossen. Cappuccino



Le Monde



Cappuccino



Der Timer beendete die Pause und wir gaben das Gemüse zum Huhn.


Zum letzten Mal durfte die Küchenmaschine uns hilfreich zur Seite stehen. Sie schlug Sahne… oui… Butter… zum hoffentlich letzten Mal! Der nächste Versuch gelang besser. Die Sahne war nicht gar so buttrig…. Aller guten Dinge sind drei… über die Konsistenz der Sahne ließ sich streiten. Aber fürs letzte Mal…

Was dann kam… non… wir fluchen immer noch nicht…




Sahne auf einen Boden streichen… Johannisbeeren darüber streuen und mit Sahne bedecken. Oh!
Die kleinen Beerchen klebten an der Sahne fest und es sah nicht gut aus… gar nicht gut!
Okay! Wir sind inzwischen kampferprobt. So eine Kleinigkeit wirft uns nicht mehr aus der Bahn. Wir strichen die Unterseiten des nächsten Bodens ein und setzten ihn auf den ersten. Geht doch!
Wieder Sahne… wieder Johannisbeeren… Unterseite des Deckels mit Sahne bestreichen und aufsetzen.
Das Ganze noch mal, bei fünf weiteren Törtchen. Sollte eins nicht so werden, wie es sollte… nun ja… Pech gehabt.
Beim letzten Event bringt uns nicht mehr aus der Ruhe. Wir können das Ziel bereits sehen und werden jetzt nicht straucheln. Egal, was kommt!



Okay! Sie sind etwas schief und sehen aus, als würden sie jeden Moment einstürzen… aber sie stehen… noch! Hoffen wir, dass es so bleibt. Nun ja! Vielleicht könnte man sie… sollte man sie etwas abstützen… man weiß ja nie…

Der Timer piept! Das Huhn ist fertig. Oui! Es ist fertig. Sehr fertig! Die Haut ist an manchen Stellen aufgeplatzt. Ob das so sein muss?



Aucune idée!


Wir holen es aus der Brühe… lassen es abkühlen… entnehmen das Gemüse… gießen die Brühe durch ein Tuch (das wir anschließend entsorgen, bevor wir Ärger mit Mary kriegen…)…


Pause! Cappuccino!



Drei!


Zum letzten Mal dröhnt der Toreromarsch durchs Haus. Noch eine letzte Hürde und geht es durchs Ziel…
Aber diese Hürde… Hähnchenschenkel braten… das ist hart…



Wir werden es schaffen… egal wie!


Zwei Pfannen auf dem Herd… Hightech Fett hinein geben… warten, bis die Bläschen weg sind… Schenkel einlegen und Temperatur reduzieren!
Die Fettspritzer halten sich in Grenzen… nun ja… man sollte sich nicht zu früh freuen… Schenkel wenden und Feuer… die Küche steht unter Beschuss…
Schon mal Fettspritzer an der Decke gesehen? Ich schon… Fettspritzer an den Wänden… tropfendes Fett vom Dunstabzug… Rutschbahn in der Küche… noch nie zuvor gab es einen solchen Beschuss!
Jetzt kann ich sagen, es wird keine Renovierung geben… das wird eine Vollsanierung!

Nachdem alle Schenkel zart hellbeige bis etwas dunkelbraun angebraten waren, durften sie auf Küchenkrepp abtropfen.

Ich wischte den Boden, damit ich mich nicht noch flachlegte. Ich hasse kochen!

Zwiebeln und Knoblauch wurden goldgelb angebraten (laut Rezept…). Ich sortierte nach essbar und Mülltonne…
Jetzt sollte man den Bratensatz mit den Tomaten löschen. Nun ja… ich nahm eine neue Pfanne… gestückelte Tomaten… Weißwein… Tomatenmark… nun ja… sahen wir mal so… jetzt brauchen wir einen neuen Dosenöffner. Aber er hat bis zum bitteren Ende durchgehalten!
Okay! Die 52 Wochen mit mir waren hart… sag noch mal jemand, Dosen öffnen wäre so einfach…
Einfach! Dieses Wort sagt doch alles!

Wir würzten die Sauce, legten die Hähnchenschenkel in die Auflaufformen und übergossen sie mit der sauce. Gaben Tomaten und Oliven hinzu… abdecken und ab in den Ofen.

Cappuccino



Wir sehen das Ziel, es kommt immer näher.


Wir häuten das Suppenhuhn und zerlegen es in seine Einzelteile. Oh, oh! So ein Huhn hat viele Teile… und was da so alles drin ist und dran ist… und wie fettig so ein Tier ist… nun ja… der Topf glitt mir aus den Händen und oh! Das wird teuer. Die Granitplatte hat einen Abplatzer, eine Schranktür tiefe Schrammen, eine andere diverse Macken… und erst der Fußboden…
Aber der Topf hat diesen letzten, ungewollten Härtetest unbeschadet überstanden.
Zum Glück war der Topf leer…

Es läutete und meine ersten Gäste kamen. Sie wunderten sich, dass keine Rauchwolken



aus dem Küchenfenster drangen, nicht mal Brandgeruch lag in der Luft.
Der Anblick meiner Küche allerdings… decken wir den Mantel des Schweigens darüber…

Ich führte meine Gäste in den Salon und stellte ihnen Baron de Rothschild zur Seite.
Ich ging zurück auf mein Schlachtfeld und erwärmte Hähnchenfleisch und Gemüse in der Brühe.

Die nächsten Gäste erschienen. Ich lag gut in der Zeit.

Hühnerfleisch in der Suppentasse drapieren, Gemüse dazugeben und mit Brühe übergießen.
Servieren, das obligatorische Foto machen und es konnte losgehen.
Soupe de poulet!



Das letzte Entrée!

Okay! Die Brühe war nicht genügend gewürzt. Das Gemüse war weich und das Hühnerfleisch zart. Was will man mehr. Nachwürzen kann jeder…

Der Timer piepte und die Poulet chasseur waren fertig.




Wir richteten an und servierten. Foto machen…



los geht’s!

Einstimmige Meinung… lecker!

Da sagte doch wirklich jemand, man könne meinen, es handele sich um ein vorgefertigtes Gericht des maître Gayet. Nur noch in den Backofen damit. Aber in Anbetracht des Chaos, das in meiner Küche herrschte, revidierte er seine Meinung wieder.

Ich holte das Dessert aus dem Kühlschrank, fand die rohen Champignons und die gehackte Petersilie. Erinnerte mich an das Basilikum, das über die Poulets gestreut werden sollte… es ist zu spät… es ist vorbei…

Das Dessert! Gâteau aux groseilles! In Deutschland nennt man sie Himmelstorte. Das Lieblingsdessert meines Sohnes.




Er konnte es nicht glauben, dass das Teil, auf seinem Teller, von seiner Mutter hergestellt wurde.
Etwas skeptisch beäugte er das Törtchen von allen Seiten.



Ein Vielfaches „hmmm lecker“ überzeugte ihn schließlich. Er war begeistert und meinte, das könnte ich jetzt öfter mal machen.
Non merci!





Habt ihr den Jubelschrei gehört? Ich habe es geschafft! 52-Mal gekocht!


GEWONNEN!




ES IST VORBEI!!!!!

ENDLICH VORBEI!!!!