Der 41. Event ist vorüber. Das neue Jahr hat begonnen.
Im Feinkostladen hat sich nichts geändert. Abgesehen davon, dass sie alle auf den Bericht vom 40. Event warten….
Okay! Ich habe es versprochen und er wird kommen. Aber nicht heute.
Heute erzähle ich Euch vom 41. Event.
Maître Gayet hat mir ein „gutes“ Stück vom cerf, pardon, Hirsch reserviert. Das war zwar nicht nötig, in Anbetracht der Tatsache, dass ich bereits kurz nach sechs im Feinkostladen war und außer mir mal wieder nur die Angestellten der guten Häuser unterwegs waren….
Wenn mir letzte Woche nicht der Systemabsturz dazwischen gekommen wäre, wüsstet Ihr, dass es wunderbar ist, um diese Zeit einzukaufen und den Event in aller Frühe zu beginnen.
So viel Zeit zu haben….
Okay! Zuhause gönnte ich mir erstmal einen Cappuccino.
Man sollte den Tag langsam angehen lassen….
Als erstes stand die crème au chocolat auf dem Plan. Die musste im Kühlschrank fest werden und das dauert….
Sahne erwärmen und die Schokolade darin auflösen… über dem Wasserbad. Grrr!
Aber nicht in achten schlagen! Wenigstens etwas! Okay !
Und es dauert auch, bis sich Sahne über dem Wasserbad erwärmt….
Während die Sahne so vor sich hin wärmte, schnitt ich Lauch in Streifen und weinte. Grrr!
Lauch ist bekanntlich ein Bruder der Zwiebel und genauso fies. Weinen!
Ich werde maître Gayet fragen, warum der Feinkostladen keine Lauchringe anbietet. Das ist, meiner Ansicht nach, alles andere als kundenfreundlich, eine Marktlücke.
Ich werde mich, diesbezüglich, mal ausführlich mit dem maître unterhalten.
Okay! Inzwischen hatte sich die Sahne erwärmt und ich gab die, in Stücke gebrochene, Schokolade hinzu. Hm!
Wie kühlt man warme Sahne ab? Man gibt kalte Schokolade hinzu. Grrr!
Okay! Ich hatte Zeit… viel Zeit… aber doch nicht für so was!
Stundenlang am Herd stehen und warten, bis sich Sahne erwärmt und Schokolade auflöst. Nichts für mich!
Das musste schneller gehen. Topf erwärmen… Sahne reingießen… erwärmen… Schokolade hinzugeben… weiter erwärmen… Butterflöckchen hinzugeben… in Förmchen füllen… fertig!
Uuund… Sahne vom Wasserbad nehmen… wer weiß, ob sie nicht auch über den Rand quillt. Man lernt schließlich dazu! Zudem brauchte ich sie nicht mehr….
Jetzt hatte ich wieder mal Zeit… viel Zeit… Cappuccino! Zwei!
Okay! Solange man Zeit hat, sollte man vorarbeiten. Soupe de poireaux! Zwiebeln glasig dünsten. Ha! Können wir nicht, machen wir nicht!
Wellness! Zwiebeln in Butter baden… Lauch hinzugeben… rühren… Gemüsebrühe hinzugeben… Deckel drauf… 30 Minuten sich selbst überlassen.
Pause! Cappuccino! Zwei!
Le Monde lesen.
Es hat was, wenn der Event morgens um sechs beginnt. Man hat Zeit, keinen Stress. Okay ! Nicht so viel Stress !
Ich werde wohl künftig meine Events auf den Samstag verlegen. Warum ist mir das nicht schon früher eingefallen? Ich hätte mir so viel Stress ersparen können. Aber, besser spät, als nie!
Okay! Der Timer piepte und die soupe wollte püriert werden. Nun ja ! Sagen wir mal so. Der Pürierstab und ich, wir werden keine Freunde.
Es spritzte und, naja… putzen!
Was soll’s… es war noch genug soupe für eine Person übrig.
Zudem ist die soupe nur das entrée!
Pause! Cappuccino!
Le Monde ! Calme ! Ô joie !
Eine kleine Ewigkeit später….
Wenden wir uns dem cerf zu. Grrr! So ein schönes Tier und nun lag ein Teil von ihm vor mir auf dem Tisch….
Okay! Nicht jeder ist Vegetarier. Aber muss man denn Hirsche essen?
Neulich hat mir eine Freundin erzählt, dass sie in einem deutschen Restaurant gespeist hat. Sie hatten Nutria und muskrat auf der Speisekarte. Nutria
und Bisamratte!
Was soll man dazu sagen…? Manchmal ist schweigen besser, als reden…!
Es war kurz vor sechs und ich hatte die pürierte soupe auf den Herd gestellt. Aber! Nur die Hälfte des kläglichen Rests! Man kann nie wissen, wie grausam das Schicksal zuschlägt.
Und es schlug zu….
Es läutete
und mein Gast erschien. Ich geleitete Astrid in den salon und stellte ihr Baron de Rothschild zur Seite.
Kurz vor Weihnachten kam eine neue Lieferung. Mein Weinkeller ist also für die restlichen Events gut bestückt.
Wenigstens etwas, wofür sich ein Besuch bei mir lohnt.
Okay! Während Astrid und der Baron sich bekannt machten, machte sich in der Küche Monsieur Détecteur de fumée bemerkbar.
Mais oui! Es gibt ihn noch. Auch wenn wir schon lange nichts mehr von ihm gehört hatten.
Ein leichter Stoß mit dem Wischmop und er hauchte sein Leben aus. Keine Sorge, ich habe noch einige von den Dingern auf Vorrat. Ich kann sie inzwischen sogar selbst installieren.
Tja! Handwerklich geschickt, aber mit dem Kochlöffel eine Niete. Man kann nicht alles haben!
Okay! Der Topf, samt Inhalt, landete in der Spüle. Wir regen uns nicht mehr auf. Schon gar nicht über solche Kleinigkeiten. Nach 40 Events sind wir psychisch gefestigt. Wir haben in den vergangenen Monaten schlimmeres gesehen und erlebt.
Neuer Topf, den letzten Rest der soupe erwärmen und dabei rühren, rühren, rühren. Crème fraîche dazu und rühren. In eine Suppentasse füllen, dekorieren und servieren.
Non! Astrid zu Tisch bitten, das obligatorische Foto machen und servieren.
Fertig! Wer sagts denn! Geht doch !
Eigentlich sollte der cerf jetzt bereits im Ofen braten. Allerdings hat mich das kleine Missgeschick etwas aus der Bahn geworfen.
Okay! Eine Minute auf jeder Seite braten und dann für zwanzig Minuten in den Ofen.
Dass das Umfeld des Herdes wieder mit Fettspritzern übersät war, könnt ihr euch sicherlich denken. An die Wände wollen wir besser nicht denken.
Müssen wir auch nicht. In zwölf Wochen steht eine Renovierung der Küche an. Das hat sie sich redlich verdient.
Sie hat mehr gelitten, als ich.
Ups! Da hätte ich doch fast die filetierten Orangen vergessen. Die sollten karamellisiert und flambiert werden.
Kollektives aufstöhnen! Non ! Ich habe nicht karamellisiert.
Vom flambieren ganz zu schweigen.
Ich ließ sie in einem Bad aus Cognac wellnessen. Warum sollte ich Orangenfilets verkokeln, wenn mir das Schneiden fast den letzten Nerv geholt hätte?
Okay! Ich vergaß! Eine Orange filetieren ! Ha ! Wäre mein System nicht abgestürzt, wüsstest Ihr bereits, dass ich es nicht kann.
Ich konnte es letzte Woche nicht und ich konnte es diesmal nicht. Wer braucht denn schon Orangenfilets?
Ich nicht!
Okay! Es gab wieder eine riesige Sauerei. Minifilets und viel, sehr viel Saft, der auf den Boden tropfte und dem Arbeitsbereich eine klebrige Oberfläche bescherte.
Ich werde nie wieder Orangen filetieren.
Der cerf war fertig, musste fünf Minuten ruhen und wurde danach in Scheiben geschnitten. Ein paar von den, ups, inzwischen verkochten Orangenfilets und fertig!
Das obligatorische Foto und servieren.
Astrid war erstaunt. Ich weiß, es sah gut aus. Aber Ihr könnt mir glauben, niemand war so erstaunt darüber wie ich.
Während Astrid sich dem cerf widmete, machte ich mich an die Vollendung des Desserts.
Tja! Sagen wir mal so… der gute Wille war da… er reichte nicht.
Die crème wollte sich partout nicht aus den Förmchen lösen. Grrr!
Kurz in heißes Wasser gestellt und … ups!
Eine mittlere Katastrophe auf dem Teller. Die crème hatte sich zu sehr verflüssigt und lag nun, als kleiner See, auf dem Teller.
Der Klumpen in der Mitte… tja… den konnte man noch gebrauchen.
Wir sind bekanntlich sehr einfallsreich. Wir drapierten den Schokoklumpen auf einem neuen Teller und dekorierten mit liqueur aux œufs und ein paar Tröpfchen aus dem Schokosee. Ein paar weitere Kleinigkeiten und das Dessert war fertig.
Sah auch gut aus.
Kommen wir zu den Bewertungen.
Der soupe de poireaux fehlte es an Würze. Oh!
Der Fehler lag eindeutig bei der Gemüsebrühe - sie war nicht ausreichend gewürzt! War sie überhaupt gewürzt? Wen interessiert das? Mich nicht!
Okay! Der Fehler lag eindeutig bei der Gemüsebrühe. Ihr fehlte die Würze!
Das filet de cerf. Es kam erst gar nicht mit der Gemüsebrühe in Kontakt… folglich traf die Brühe keine Schuld an der fehlenden Würze. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass im Rezept etwas von würzen stand. Mein Bauch hat sich auch nicht dazu geäußert.
Also, die fehlende Würze ist eindeutig auf einen Fehler im Rezept zurückzuführen!
Das Dessert! Sagen wir mal so. Man kann bei einem Zuckermangel nicht von fehlender Würze sprechen. Aber wenn wir mal eine kurze Rückblende auf die Zubereitung des Desserts nehmen… verständlich. Bei solch einem Stress, kann so ein winziger Fehler schon mal passieren.
Zudem hat der liqueur den Mangel an Zucker kompensiert.
Okay! Der 41. Event ist vorbei. Wer auf ein Wunder gehofft hat, wurde mal wieder enttäuscht.
Wer dachte, Gemüsebrühe sei ausreichend gewürzt, der wurde eines besseren belehrt.
Allen, die sich auf die Vollständigkeit der Rezepte verlassen, sei gesagt, dem ist nicht so.
So! Jetzt sind es noch 11 Events. Je näher wir dem Ende kommen umso unleidlicher werde ich. Aber es sind nur noch elf… und Chloés Wetteinsatz lässt mich diese letzten elf auch noch überstehen….