Escalope viennoise
Erstmal muss ich mich für Eure Hilfe bedanken. Sie hat mich vor größerem Chaos bewahrt.

Allerdings muss ich sagen, als ich las, dass es diesmal nichts wird mit Wellness, sank meine Hoffnung auf ein nicht angekokeltes escalope viennoise auf null.
Das hieß, wieder Fettspritzer und Brandgeruch.

Oh! Oooh! Weinen!





Aber gehen wir erst mal in den Feinkostladen. Dort herrschte diesmal Ruhe.
Okay! Ich war auch zwei Stunden früher dort. Das hat mich vielleicht vor neuen Aufdringlichkeiten bewahrt.

Maître Gayet konnte sich mal wieder einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. Ein ganzer Stapel escalope de veau – pardon – Kalbsschnitzel, lag vor ihm.
„Ist die Menge ausreichend?“, fragte er mich.
Ha ha!
Die Damenwelt war mit Kommentaren zu meiner Kochkunst äußerst zurückhaltend. Sie wurden vielmehr von der Frage geplagt, wer denn mein nächster Gast sei. Roberto… und dann…?

Sans commentaire!

Ich muss sagen, so wenige Zutaten habe ich schon lange nicht mehr eingekauft.
Ich würde gerne sagen, dass Chloé sich etwas Böses dabei gedacht hat, als sie mir diese Aufgabe gestellt hat. Dass es vielleicht sehr viel Arbeit ist, ein Wiener Schnitzel zu braten.
Aber leider weiß ich genau, sie hat keine Ahnung, wie viel oder wie wenig Arbeit es ist.
Sie kann auch nicht kochen. Woher sollte sie es wissen?





Okay! Zuhause machte ich mich zuerst an die Zubereitung der Vanilletorte. Wieder einen Teig rühren. Wieder wurde aus Eiern und Zucker eine schaumige Masse. Die Mandeln sollten untergehoben werden.
Okay! Das Unterheben über wir noch ein bisschen. Sagen wir mal so – der Teig war nicht mehr schaumig und locker.
ABER! Diesmal war ich schlauer. Man lernt schließlich immer dazu.
OUI! Sogar ich!

Ich gab den Teig, den ich wieder mal runtergerechnet hatte auf vier Portionen, in eine kleine Backform.
Ich war wieder mal erstaunt, was meine Küche für Schätze birgt. Nicht nur der Bestand an Koch Utensilien ist phänomenal. Auch die Utensilien, die man fürs Backen braucht, sind in großer Menge vorhanden.
Ich muss jetzt aber ehrlich sagen, ich weiß bei den meisten Sachen gar nicht, wofür man sie benötigt.
Es wäre sicherlich lustig, Monsieur Internet zu fragen. Der Ärmste, der würde vollends an mir verzweifeln.

Schon wieder abgeschweift. Also! Während der Teig im Ofen vor sich hin backte, zupfte ich Johannisbeeren und traf Vorbereitungen für Vanillecreme und Gelee.
Der Pieper meinte, der Teig wäre jetzt ausgebacken und wolle aus dem Ofen. Aber im Rezept stand, man erst solle den Drucktest machen.
Okay! Fragen wir Monsieur Internet. Er war mal wieder mies drauf und schickte mir Angebote über Drucktests für Wasser- und Ölleitungen.
Okay! Vielleicht wieder die falsche Frage gestellt. Neue Frage: Drucktest Kuchen… siehe da… geht doch!
Mit dem Finger auf den Kuchen drücken. Aha! Jetzt soll ich mich auch noch freiwillig die Finger verbrennen. Also, ich bin nicht dämlich! Mach ich nicht.
Stäbchentest! Das las sich doch schon viel besser. Wäre zwar nicht für meinen Kuchen geeignet, aber mir egal!
Wenn das Stäbchen sauber bleibt, ist der Kuchen gut… stand da!
Mein Stäbchen blieb sauber. Leider hatte die Unterhaltung mit Monsieur Internet und die anschließende Suche nach einem Stäbchen etwas mehr Zeit beansprucht und der Kuchen war über gut.
Nun ja! Er war nicht mehr weich und watteähnlich. Mehr, na ja, knusprig. Wenn man nicht weiß wie er schmecken muss, dann könnte man meinen, er müsse knusprig sein.
Allerdings gestaltete sich das Ausstechen der Kreise etwas schwierig.
Knusprig gleich bockig. Am Ende hatten sich zwei Kreise entschlossen, nicht zu zerbrechen. Der Rest, na ja!





Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, diesmal die Eier höchstpersönlich zu trennen. Eigelb und Eiweiß zu scheiden.
Das kam allerdings einer Zwangsscheidung gleich. Die wollten partout nicht getrennt werden. Lieber gingen sie zusammen in den Tod.
Das bedeutete mal wieder Rühreier. Mary kann auch bockig sein. Anstatt Kuchen zu backen, gibt es Rührei.
Da gibt es zwei französische Bulldoggen, die lieben Rührei. Und Mary liebt beide… Rührei und Bulldoggen.
Backe Kuchen wer kann und will….

Okay! Ich muss mir dieses ewige abschweifen abgewöhnen.

Ich griff dann wieder auf die geschiedenen Eier im Glas zurück.
Da ich lernfähig bin, musste ich diesmal nicht nach jedem Gebrauch die Maschine reinigen. Und Schneebesen habe ich auch gekauft….
Eischnee geschlagen, Eier und Zucker schaumig geschlagen… Ups! Vergessen Vanille in Sahne zu kochen.
Und dann kam, was kommen musste. Die Sahne kochte über, brannte sich auf dem Kochfeld ein und stank bestialisch. Grrr!
Nun ja! Es hätte eine kleine Ewigkeit gedauert, bis die Sahne wieder abgekühlt wäre….
Greifen wir auf die Vanillesahne aus dem Feinkostladen zurück. (Tja! Aus Schaden wird man klug und die kluge Hausfrau plant im Voraus!)
Hört auf zu lachen. Ich nehme die kluge Hausfrau sofort wieder zurück.
Also, auf ein Neues! Aus Schaden wird man klug und plant eventuell auftretende Missgeschicke ein. Sprich, man sorgt vor.
Besser? Non? Okay! Ersetzen wir eventuell durch sicher.
Jetzt zufrieden? Oui? Merci!

Ich sagte doch bereits mehrfach, dieser Feinkostladen ist wunderbar. Jetzt füge ich hinzu: Wie für mich gemacht.
Böse Zungen würden jetzt sagen, da wird der Faulheit Tür und Tor geöffnet.
Ich sage, dass man dort Leute, die keine klugen Hausfrauen sind und trotzdem sicher auftretenden Missgeschicken vorbeugen wollen, für alle Notsituationen mit den nötigen Kleinigkeiten versorgt.

Ich schlug Sahne und dann hob ich eins nach dem anderen unter.
Okay! Das Unterheben üben wir auch noch ein bisschen. Locker, luftig, leicht und cremig sieht anders aus.
Aber wenn man nicht weiß wie es aussehen muss….
Knuspriger Mandelkuchen mit Vanillepaste.
Ich stellte die halbfertigen Törtchen in den Kühlschrank. Die „Creme“ musste fest werden, bevor die Johannisbeeren aufgelegt werden konnten.

Jetzt hatte ich noch Zeit, bevor ich mich an das Schnitzel wagen musste.

OUI! ICH HATTE NOCH ZEIT!
Sage nochmal jemand, es gäbe keine Wunder.
Da meine künstlerischen Missgeschicke sonst immer von passender Musik unterlegt werden, wartete ich diesmal auf das Halleluja von Händel.





Stattdessen erklang Nessun dorma. Keiner schlafe!
Ich wollte nicht schlafen – ich wollte nur einen Cappuccino trinken.
Jetzt traut mir nicht mal mehr die Musik….

Okay! Zwei Cappuccino später setzte ich Johannisbeeren auf die creme und kochte Gelee.
Im Rezept stand, man solle das Gelee kochen und dann fünf Minuten abkühlen lassen. Erst dann dürfe es auf die Torte.
Nun ja! Es war das erste Mal, dass ich Gelee kochte. Aber warum erwähne ich das? Das konntet Ihr euch ja wohl denken.
Es fing alles so vielversprechend an. Schön rot und glänzend…. Es sprudelte und ich nahm es vom Herd. Noch war die Welt des Törtchens in Ordnung.
Fünf Minuten später füllte ich die Förmchen bis zum Rand mit Gelee. Es sah immer noch gut aus.
Der Kühlschrank würde es schon fest werden lassen. Nun ja! Zwei Wunder an einem Tag? War das nicht etwas zu viel verlangt?

Ich lag immer noch gut in der Zeit. Ich gab Semmelbrösel, Ei und Mehl auf Teller und plättete ein paar Schnitzel. Man weiß ja nie….

Okay! Jetzt kann ich es Euch verraten. Wiener Schnitzel war von Anfang an mein Bauchwehgericht.
Ich hatte schon gehört, dass es eine Kunst sei, das Schnitzel so zu braten, dass die Panade dran blieb und die auch noch Wellen schlug.
Kunst! Und das bei meinem Talent!

Okay! Der Auftrag kam und ich werde mein Möglichstes tun.
Die Pfanne erwärmen, einen Hauch von Fett hineingeben, das Schnitzel einmehlen, eineien und einbröseln.
Ihr wisst ja, dass ich glitschige Sachen nicht mag. Das eingemehlte Schnitzel wurde in das Ei gelegt und gewendet. Ich nahm es aus dem Eierteller und wollte es in die Brösel legen.
Tja! Es war so glitschig und naja – so eklig! Es rutschte mir aus den Fingern und plumpste in die Eimasse. Die spritzte in alle Himmelsrichtungen und lief langsam und gemütlich an Wand, Fenster und Schrank herunter.
Oooh! Grrr!

Als wenn das noch nicht ausreichend wäre, NON! Der Hauch von Fett wollte mir unbedingt beweisen, dass auch er sich überhitzen und einen bestialischen Gestank verbreiten kann. Nicht genug damit. Kleine Rauchwölkchen stiegen Richtung Decke und es geschah, was schon lange nicht mehr geschehen war.
Richtig! Der Rauchmelder schrillte los und als ob das nicht genug wäre… aus dem Lautsprecher klang der Trauermarsch von Frédéric Chopin.
Hohn und Spott, aber kein Halleluja! Mir wurde bewusst, dass auch meine Musik ins feindliche Lager gewechselt war.
Grrr!





Muss ich noch erzählen, dass ich jetzt einen neuen Rauchmelder brauche?

Ja, die Pfanne habe ich wieder aus dem Garten geholt.
Und dabei lief ich meinem Gast direkt in die Arme.
Lachend fragte er, ob er das Haus ohne Sauerstoffmaske betreten könne. Wenn man die Pfanne betrachtete, könne man sich solch einer Frage kaum erwehren.
Ha ha ha!
Ich führte ihn in den Salon und stellte ihm Baron de Rothschild zur Seite. Er nahm sein iPad aus der Tasche und meinte, er würde sich die Zeit mit lesen vertreiben, Musik hören und der Dinge harren, die da kommen würden. Wann auch immer….

Ach, er kann so charmant sein. Auch wenn er manchmal seine Allüren hat, ich mag ihn.

Der Brandgeruch hatte sich fast verzogen. Der Hightech Dunstabzug ist sein Geld wert.
Neuer Versuch! Eier, Semmelbrösel und Mehl!

„Sie haben eine neue E-Mail“
Ich hatte eine Nachricht erwartet und das iPad griffbereit. Statt der erwarteten Nachricht nahte Hilfe.
Sahne im Ei! Okay! Ich rührte Sahne unter die Eimasse.
Erwärmte die nächste Pfanne und war fest überzeugt, alsbald einen Hauch von Fett in die Pfanne zu geben.
Tja! Wer lesen kann wird so mancher Hoffnung beraubt.
Da stand doch wirklich und wahrhaftig: Nix mit wellnessen. Das Schnitzel muss im heißen Fett schwimmend ausgebacken werden.
Oh! Weinen! Fettspritzer und … oooh weinen!





Okay! Jetzt suchte ich mir meine Musik aus.
Auf in den Kampf! (Ihr wisst schon, aus Bizets Carmen)

Nun ja! Das Fett spritzte, das Schnitzel briet und das Fett spritzte und naja, ruckzuck war es verkokelt. Lacht nicht! Heißes Fett ist schmerzhaft! Und die Tausendstelsekunde zwischen – naja, ist noch okay und oooh angekokelt, ist viel zu kurz.
Zu allem Elend verbrannte ich mir mal wieder die Finger und nenne jetzt eine weitere Blase mein eigen.
Nächster Versuch! Neues Schnitzel, wieder einmehlen, eineien und einbröseln. UND würzen!
Uff! Jetzt muss ich fast schon sagen, glücklicherweise sind die ersten Versuche missglückt. Es hätte wieder mal etwas Ungewürztes gegeben.
Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass ich nicht wieder zu viel Pfeffer erwischt hatte.

Neue Pfanne, neues Fett, viel Fett. Aber ich bin lernfähig! Auch bei heißem Fett!
Als sich die ersten Blasen bildeten, verringerte ich die Temperatur und hoffte das Beste. Es zischte und spritzte, als ich das Schnitzel in die Pfanne legte.
Ich bewegte das Schnitzel in der Pfanne. Es sollte im heißen Fett schwimmen.
Das Fett schwappte über das Schnitzel und mich beschlich die Hoffnung, dass es dem Schnitzel nicht schaden würde.





Ich wendete das Fleisch und war erstaunt, wie gut es aussah. Braun, wie ein Wiener Schnitzel aussehen sollte.





Meine Hoffnung galt jetzt der zweiten Seite. Alles, nur nicht an- oder gar verkokeln. Und siehe da, geschafft.
Okay! Seite zwei stand Seite eins in Sachen Bräune etwas nach, aber sie würde auf dem Teller liegen und die schöne Seite, die wunderbar gebräunte, würde nach oben zeigen.

Ich mischte noch schnell den Salat, schnitt ein paar Scheiben Limone und legte das Baguette in den Korb.
Anrichten – fertig! Roberto konnte zu Tisch kommen.
Ich machte noch schnell das obligatorische Foto und es konnte losgehen.





Er war überrascht, als er das Schnitzel sah. Befand, dass es gut aussah und hoffte wohl, dass es so auch schmecken würde.
Oui! Es schmeckte. Zart und saftig und… etwas pfeffrig, aber sonst – wunderbar. Er sagte, er hätte schon lange kein so gutes Wiener Schnitzel gegessen.

WOW! Na ja! Es heißt ja, Schwimmen tut gut. Aber dass es auch Schnitzeln gut tut?!
Egal! Mein Bauchwehgericht habe ich gut hingekriegt.

Kommen wir zum Dessert. Erinnert Ihr euch noch an meine Hoffnung auf ein zweites Wunder?
Nun ja! Ich schlug Sahne und ehe ich mich versah, hatte ich eine Butterähnliche Masse in der Schüssel. Ups!
Da war wohl etwas schief gelaufen oder besser gesagt, zu lange gelaufen.
Okay! Ich hatte inzwischen die Raspel für die Deko geschabt. Es hat etwas länger gedauert, da sich die Schokolade partout nicht in schöne Raspel verwandeln wollte. Es waren eher kleine Schokobalken.
Woher sollte ich wissen, dass Sahne nicht lange braucht, bis sie steif wird…. Die Maschine wusste es auch nicht und rührte und rührte….

Neuer Versuch! Diesmal bewachte ich die Schüssel und deren Inhalt. Es kann sein, dass ich jetzt übervorsichtig war oder etwas mit der Sahne nicht….
Naja! Ich füllte die Sahne in die Spritze und spritzte einen Klecks auf die Törtchen.
Dekorierte mit Schokoladebalken und Minze und entfernte die Metallringe.
So sehr ich auch auf ein zweites Wunder gehofft hatte, es war nicht angekommen. Konnte ich auf den ersten Blick sehen.
Die Törtchen bekamen eine winzige Wölbung. Ich ahnte fürchterliches.
Schnell ein Foto und dann serviert.





Wie man auf dem Foto sehen kann, hat das Törtchen einen kleinen Rettungsring angelegt. Aber der nutzte ihm nichts. Gaaanz langsam, fast in Zeitlupe, beulte es sich immer stärker, um dann, mit einem Blubb, auf dem Teller zu landen.
Creme, Johannisbeeren und Gelee bildeten einen rot-weißen See. Gekrönt von Sahne, Schokobalken und Minze.
Dass die Sahne nicht steif war, spielte jetzt auch keine Rolle mehr.

Roberto nahm‘s mit Humor. Er meinte, sooo hätte das nicht mal ein Sternekoch hingekriegt.
Eine etwas außergewöhnliche Art der Präsentation, aber der Geschmack wäre super.

Im Nachhinein sage ich mir, dass ich ein Foto von diesem GAU hätte machen müssen. Aber ich war so schockiert, dass ich nicht daran gedacht habe.

Roberto war begeistert, dass ich diese Wette eingegangen bin. Er kann es kaum erwarten, zu erfahren, worum wir gewettet haben.
Dass es dabei nicht um Geld geht, war ihm von Anfang an klar.
Es würde einem von uns sehr wehtun.
Ich musste ihm versprechen, die Sache bis zum Ende durchzustehen.

Jetzt ist der Abend vorüber. Ich habe auch diesen Event überstanden. Es geschah ein Wunder und ein zweites blieb aus.
Okay! Man kann nicht alles haben.

Jetzt sind es noch 23 Events. Ich bin nicht mehr der untalentierte Anfänger, sondern nur noch untalentiert.
Kochen wird nie zu meinem Hobby werden und ich werde es nicht vermissen, wenn es eines Tages zu Ende sein wird.
Aber ich werde es durchstehen. Jetzt ist es mehr als eine Wette, jetzt ist es ein Versprechen und ich pflege meine Versprechen einzuhalten. Immer!