Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti
Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti! Tja! Ich leide noch immer.

Aber fangen wir wieder ganz am Anfang an. Wir wollen ja nichts durcheinander bringen.

Freitagnachmittag, Besuch im Feinkostladen. Die Gesichter der Verkäuferinnen sprachen Bände. Sie haben jemanden gefunden, der als Dolmetscher fungiert und ihnen die Texte meines Blogs übersetzt.
Tja! Erstmal war ich baff. Jetzt erfahren sie alles aus erster Hand. Vorbei mit den schönenden Erklärungen. Jetzt wissen sie alles.

Okay! Ich kann damit leben. Es erspart mir viel Zeit, die ich fürs Kochen brauche.

Jedenfalls wussten die Damen bereits, was ich kochen muss. Sie hatten mir deshalb ein besonders schönes Kalbsfilet reserviert. Eigentlich viel zu schade, konnte sich der boucher nicht verkneifen. Pardon! Der Metzger! Ich war ihm nicht böse, für die verbale Entgleisung. Er hatte ja Recht. Perlen vor die Säue, wie die Deutschen sagen.

Ich kaufte noch ein paar Zwiebeln und extra dicke Kartoffeln. Beides Lebensmittel, mit denen ich auf Kriegsfuß stehe. Dann ging‘s nach Hause.
Ein Stau auf der Schnellstraße brachte meinen Zeitplan zum ersten Mal durcheinander. Ich habe zwar häufig gelesen, es handle sich um ein schnelles Gericht, aber was heißt das schon, bei solch einem unbegnadeten Koch wie mir?

Mit 20-minütiger Verspätung begann ich mit den Vorbereitungen. Ihr wisst ja schon, was so alles vorbereitet werden muss, damit ich nicht im Rauch ersticke oder auf einem Teppich aus Fett ausrutsche und mir das Genick breche. Deshalb werde ich diese Vorbereitungen ab heute nicht mehr extra aufzählen. Das spart mir Zeit.

Danach ging‘s an die Vorbereitungen fürs Kochen. Ich musste das Filet schneiden. Die Damen warnten mich, vor zu dicken Stücken oder gar Scheiben. Das Fleisch müsse in dünne Stückchen geschnitten werden. Hauchdünn!
Ich kann euch sagen, das war eine Arbeit. Es hat eine halbe Stunde gedauert, bis das Filet in hauchzarten Stückchen vor mir lag.
Okay! Je länger ich schnitt, umso mehr entwickelte sich der Hauch zu einem Orkan. Ihr versteht?
Nachdem alles Hauchzarte und weniger Hauchzarte miteinander vermischt war, sah es aus, als müsse es so aussehen.

Jetzt muss ich noch eine Kleinigkeit hinzufügen. Ungefähr nach einem Viertel Filet, kam das Messer vom Weg ab und schnitt durch den Handschuh in meinen Finger. Es blutete ohne Unterlass.
Zum Glück hatte das Filet nichts abbekommen. Das hätte mir noch gefehlt.
Nach zehn Minuten war die Blutung gestillt und die Wunde erhielt ein Pflaster. Wieder einmal war mein Finger so gut verpackt, dass ich ihn nicht mehr krümmen konnte.

Dann waren die Kartoffeln an der Reihe. Ich habe mir überlegt, ob ich mir eine Kartoffelschälmaschine zulege, den Gedanken aber wieder verworfen. Bei dem Tempo, mit dem die Maschine arbeitet, müsste ich bereits tags zuvor mit dem Schälen beginnen. Meine Zeit ist mir zu wertvoll, um sie mit so einem langsamen Teil zu vergeuden.

Okay! Wieder abgeschweift. Ich musste mehrmals Pause machen, weil sich meine Hand wieder mal verkrampfte. Ich mag keine Kartoffeln!

Dann pellte ich die Zwiebeln. Die hatten es in sich. Wow! Meine Augen tränten ohne Unterlass. So kam es, das ich bereits in Zeitdruck war, bevor ich überhaupt mit den Vorbereitungen fertig war.

Dann sollten sie Kartoffeln geraspelt werden. VON HAND! Sprich, Kartoffeln ohne zu Hilfenahme einer elektrischen Maschine raspeln.
Non! Ich bin doch nicht verrückt und gehe solch ein Risiko ein. Ein tiefer Schnitt im Finger reicht. Ich will nicht auch noch abgeschabte Fingerkuppen.

Da ich schon mal die Küchenmaschine angeworfen hatte, mussten auch noch die Zwiebeln dran glauben. Ruck zuck waren sie in feinste Scheiben geschnitten. Das war toll. Leider schneidet die Maschine keine Würfel. Wieviel Zeit und Tränen könnte ich mir ersparen, wenn sie es könnte? Gibt es solch eine Maschine? Wenn ja – ich will so ein Ding!

Die geraspelten Kartoffeln gab ich in ein Sieb, weil sie das überschüssige Wasser verlieren sollten.

Dann ging‘s richtig los. Wenn ich sage: richtig, dann meine ich es auch so. Es war wie immer. Fett hat eine Abneigung gegen meine Pfannen und Töpfe. Ich meinerseits habe eine Aversion gegen Fett, spritzendes Fett.
So kam es, dass nach kurzer Zeit das Umfeld des Kochfeldes mit Fettspritzern übersät war. Toll! Und das, bevor auch nur das kleinste Stückchen, hauchzart geschnittenes Filet, in der Pfanne lag.
Aber in den Rezepten stand: unter großer Hitze anbraten! Warum gibt es immer dieses Chaos, wenn ich irgendetwas anbrate? Ob unter hoher Temperatur oder sanft köchelnd?

Nun ja! Irgendwann gab ich ein paar Stückchen hauchzartes (okay – hauchzartes und weniger hauchzartes) in die Pfanne. Jetzt gab das Fett sein bestes. Es spritzte und ich fragte mich, ob überhaupt noch etwas davon in der Pfanne war. Wenn ich mir das Umfeld des Herdes betrachtete, konnte man es kaum glauben.
Das Hauchzarte verwandelte sich binnen Sekunden in mehr oder weniger harte Brikettes. Tja! Erster Versuch kurzfristig abgebrochen.
Der Zweite Versuch, mit weniger heißem Fett, funktionierte etwas besser. Ich konnte wenigstens noch ein paar hauchzarte Stückchen retten. Der dritte Versuch ging wieder voll daneben.

Ich kochte so vor mich hin. Innerlich und am Herd. Irgendwann war ich fertig und der Berg Briketts und sehr stark überbräunter, hauchzarter Filetstückchen war größer, als das kleine Hügelchen, auf dem nur überbräuntes, hauchzartes Filet lag.

Nun ja! Was soll ich sagen? Rodolfo darf nicht sehr hungrig sein. An so einem Kalbsfilet ist ja nicht viel dran….

Nun ging es an die Zwiebeln. Oh ja! Ihr ahnt es schon. Es war schrecklich. Wieder musste das Fett stark erhitzt werden, um die Zwiebeln darin scharf anzubraten.
Nachdem ich dreimal unter starkem Beschuss (mit und ohne Zwiebeln) stand, gab ich auf. Ich spendierte dem letzten Häufchen, in dünne Scheiben geschnittener Zwiebeln, eine letzte Chance. Eine weitere hätte ich nicht geben können, mangels Zwiebeln.
Letzte Chance – ihr wisst – baden! Bis jetzt haben sie es immer genossen. So ließ ich die Zwiebeln langsam vor sich hin baden. Solange, bis ich der Meinung war, sie können jetzt das Bad verlassen.
Aber ich hatte vergessen, dass die Zwiebeln noch gepudert werden wollten. Nicht mit Puder – non! Mit Mehl! Mit einem gehäuften Esslöffel Mehl!
Da meine Zwiebelration winzig war, wollte ich wenigstens ein paar davon retten, falls ihnen die Puderung nicht gefallen sollte. Das stellte sich im Nachhinein als sehr gute Idee heraus. Das erste Pudern ging voll daneben. Überall Mehlklümpchen. Das sah eklig aus.
Das zweite funktionierte. Ich gab das Mehl in ein Einhandmehlsieb und puderte die Zwiebeln damit. Es sah aus, als hätte es geschneit. Aber nur für kurze Zeit.
Ich rührte und die Zwiebel-Fettmasse verdickte sich. Ich goss den Kalbsfond hinzu und rührte. Ließ die Masse aufkochen und rührte weiter. Gab den Wein hinzu und rührte weiter.
Wow! So ein liebesbedürftiges Gericht hatte ich noch nie. Da kann nicht mal die Erbsensuppe mithalten.

Okay! Auch der Wein verflog fast und ich gab die Sahne hinzu. Oh ja! Ich rührte weiter. Ließ die Sahne aufkochen und verringerte die Temperatur. Nun kam das winzige Häufchen Filet in die Soße. Wieder rührte ich. Jetzt sollte das Fleisch nur noch vor sich hin ziehen.
Leider musste es sein Ziehen kurz mal unterbrechen. Es gab eine kleine Störung, denn ich hatte die Gewürze vergessen. Ich rührte nochmal. Dann überließ ich das Fleisch seinem Ziehen.

Das war geschafft. Jetzt ging‘s an die Rösti.

Es läutete und Rodolfo, der Adonis, stand vor der Tür. Der riesige Blumenstrauß besserte meine schlechte Laune merklich.
Ich führte Rodolfo in den Salon und überließ ihn der Gesellschaft des Baron de Rothschild.
Ich war ihm dankbar, dass er den Brandgeruch, der immer noch die Luft schwängerte, nicht erwähnt hatte. Aber sein Gesicht sprach Bände.

Ich überließ ihn dem Erzeugnis des Barons und ging zurück in meine Küche.

Die Rösti warteten bereits. Ich hasse Fett! Es sollte heiß werden, richtig heiß. Es wurde heiß und spritzte. Was sollte es auch sonst tun?
Ich nahm die erste Portion Kartoffelraspeln und gab sie in das heiße Fett. Ich sagte bereits mehrfach – das Fett mag mich nicht. Aber noch nie zuvor war es derart feindselig. Es spritzte so stark, dass ich mich in Sicherheit bringen musste.
Als ich nach dem einseitig gebratenen Rösti sah, war es fast zweiseitig verkohlt. Tja! Das war wohl nichts.

Neue Pfanne, zweiter Versuch. Mir fiel ein, dass ich auch die Raspeln nicht gewürzt hatte. Also, hinein mit Pfeffer und Salz. Ich habe gelesen, man solle die Kartoffeln stark würzen!
Beim Vermischen merkte ich, dass die Kartoffeln noch sehr feucht waren. Also drückte ich sie mit der Hand aus. War das eklig! Diese Brühe, wie sie roch.

Okay! Die nächsten Rösti waren merklich kleiner, als das erste. Sie waren in der Pfanne und bräunten vor sich hin.
Ich hatte gelesen, sie sollten auf jeder Seite 5 Minuten braten. Nach drei Minuten waren die Ränder bereits stark überbräunt und das Wenden gestaltete sich etwas schwierig, weil die Rösti Ringelreihen tanzten. Sie hatten ihre Raspelärmchen ineinander verstrickt und wollten sich nicht mehr loslassen.
Ich hasse Kartoffeln!

So kam, was kommen musste. Ich bekam die Dinger nicht schnell genug aus der Pfanne und sie verwandelten sich in Briketts.
Ich vergaß zu erwähnen, dass ich den Rauchmelder abgeschaltet hatte. Er hätte irgendwann wieder Lärm gemacht und ich hätte ihn mit dem Stiel des Wischmops zum Schweigen gebracht.

Okay! Der nächste Versuch! Diesmal gab ich winzig kleine Röstihäufchen in die Pfanne. Sie waren nach 2 Minuten an den Rändern gebräunt und ich konnte sie problemlos wenden. Dann waren sie fertig gegart und durften aus der Pfanne.
Ich war mächtig stolz! Meine ersten kleinen Rösti. Selbstgemacht! Selbstgebräunt! Okay! Etwas überbräunt. Seid doch nicht immer so pingelig!
Die nächsten beiden gefielen mir fast genau so gut. Aber sie waren nichts Besonderes mehr. Wenn ich jetzt sagen würde, sie waren fast schon Routine, fallt ihr vor Lachen von den Stühlen.

Ich gab die kleinen Rösti mit dem Geschnetzelten auf einen Teller und machte das obligatorische Foto.









Sah fast gut aus. Auch wenn die kleinen Rösti etwas überbräunt waren, so muss ich gestehen, ich bin trotzdem mächtig stolz auf sie. Sie waren zum Verzehren fast zu schade.
Geraspelte Kartoffeln, die ohne sonstige Zutaten zusammenhielten. Wow! Meine geraspelten Kartoffeln! Das will was heißen!

Okay! Ich schweife mal wieder ab. Man möge mir vergeben, aber die Rösti sind etwas ganz besonderes für mich. Waren!

Rodolfo kam zu Tisch und beäugte wortlos seinen Teller. Über guten oder schlechten Geruch konnte er nichts sagen. Das ganze Haus stank nach Bratfett. Der Dunstabzug tat sein Bestes, aber es war leider nicht ausreichend.

Der erste Bissen war wie immer, der Moment, an dem ich inständig hoffte, mein Gast möge sich nicht übergeben oder tot vom Stuhl fallen. Gewisse Röstaromen sollen sehr giftig sein!

Nichts dergleichen geschah. Rodolfo war überrascht, wie zart da Fleisch war. Zart! Mein hauchzartes Filet!

Die Soße war nach dem ersten Geschmackseindruck lecker, nach dem zweiten allerdings, trat wieder ein pfeffriger Geschmack in den Vordergrund. Ich hasse Pfeffer!

An die Rösti (meine kleinen Lieblinge) traute er sich zuerst nicht heran. Sie hatten eine, wie er es nannte, sehr kräftige Farbe, die er an Rösti nicht gewöhnt war.

Ich war entsetzt! Er beleidigte meine Lieblinge! Zudem fragte ich mich, wie oft er Rösti zu sich nimmt. Er meidet Fett, wo immer es geht.
Pardon! Aber Du hast meine Lieblinge beleidigt.

Die Miniportion hat ihn nicht gesättigt. Hatte ich auch nicht erwartet. Da mir bekannt ist, dass dieser Adonis ein Schleckermäulchen ist, habe ich vorsichtshalber eine Minisachertorte gekauft. Er liebt diesen Kuchen.
Etwas Leckeres muss man ihm ja auch zugute kommen lassen.
Den Cappuccino kochte der Kaffeeautomat. Da konnte nichts mehr schief gehen.

Nachdem mein Gast sich verabschiedet hatte, wollte ich nur noch unter die Dusche. Ich kam mir vor, als hätte ich in Fett gebadet. Ich frage mich, ob ich diesen grauenvollen Geruch jemals wieder aus der Nase bekomme.

So! Diesen Abend habe ich jetzt auch abgehakt. Jetzt sind es noch 44 Events. Mir graut weiterhin vor dem, was da noch kommen kann. Aber ich bin gewillt, mich allen Aufgaben zu stellen. Immer mit einer großen Portion Pizza im Tiefkühler und diversen Lieferdiensten im Kurzwahlspeicher.




heim_weh am 18.Mai 14  |  Permalink
Ich liebe Ihre Kochevents und grinse beständig vor mich hin ;-)

(Ich kenne jedoch ihr Dilemma, da ich selbst auch kein Fleisch esse und hier zwei wahre T-Rex versorgen muss. Zu Ostern gab es Rouladen für die Herren und ich erspare Ihnen die Erzählung, wie ich die blutigen Fleischlappen aufwickelte..... )

hilfe sie kocht am 21.Mai 14  |  Permalink
Ich kann es mir vorstellen.