Kartoffeln und Mehlknöpfchen! Eigentlich sollte man meinen, dass es darüber nicht viel zu sagen gibt. Eigentlich!
In allen Rezepten stand zu lesen, das es sich um ein ganz einfaches Gericht handelt und die Zubereitung simpel sei.
Simpel! Einfach! Ich gutgläubiger Mensch habe mich darauf verlassen. Ich habe sogar meine „ich kann nicht kochen“ Zeit eingerechnet. Ihr wisst schon, die Zeit, die ich brauche, um alles Angebrannte zu entsorgen und von vorn anzufangen. Aber!
Doch fangen wir ganz von vorne an. Gestern Morgen, sieben Uhr, der Andrang im Feinkostladen war enorm. Schließlich stand das Wochenende vor der Tür. Ich brauchte Salat, Speck, Mehl, Sahne und Kartoffeln. Madame Picard erkundigte sich, was ich denn kochen müsse.
Ich übersetzte wortwörtlich: Monsieurs et Madames. Madame Picard sah mich entgeistert an. Anscheinend dachte sie, jetzt ist sie völlig verrückt geworden. Wohl kreisten auch in ihrem Kopf die gleichen Gedanken, wie sie Donnerstag in meinem kreisten. Kannibalismus! So jedenfalls sah sie mich an.
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Als ich sie darüber aufklärte (so gut ich eben konnte), musste sie lachen. Was denn nun Herren und was Damen seien, wollte sie wissen. Ja! Das würde ich auch gerne wissen.
Wie denn diese Knöpfchen aussehen würden. Wieder war ich überfragt. Ich habe noch nie von diesem Gericht gehört, geschweige habe ich es gesehen. Eigentlich ist es unfair. Ich soll etwas kochen, das ich nicht mal kenne. Es ist egal, ob ich es esse oder nicht, aber gesehen haben sollte ich es doch irgendwann einmal.
Zuhause ließ ich es diesmal ruhiger angehen. Das Gericht sei simpel! Ich habe mich darauf verlassen. Man kann einfach niemandem trauen!
16 Uhr fing ich mit den Vorbereitungen an. Ich schälte wieder Kartoffeln. Ha! Diesmal habe ich mir die Kartoffeln selbst ausgesucht. Von wegen: Ich packe Ihnen eine Tüte. Ich habe die größten gekauft, die sie hatten.
Aber Kartoffeln schälen ist auch nicht mein Ding. Wieder bekam ich einen Krampf. Meine Hand wollte einfach nicht. Zudem sollte man die Schärfe eines Kartoffelschälers nicht unterschätzen. Zuerst traf es nur den Handschuh, später leider auch meine Finger. Aber das Pflaster lag griffbereit und es konnte weitergehen.
Ich schnitt die Kartoffeln in Stücke. Diesmal war ich schlauer. Je kleiner die Kartoffeln geschnitten sind, umso schneller sind sie gar. Tja! Leider hatte ich mal wieder meine nicht vorhandenen Kochkünste außer Acht gelassen.
Dann war der Speck an der Reihe. Ich hatte ein großes Stück gekauft. Ihr wisst inzwischen, dass der Speck und ich nicht gut miteinander können. Deshalb ist es besser, immer einen großen Vorrat davon zu haben. Das ich diesen Vorrat allerdings auch in kleine Würfel schneiden musste – tja.
Ich erwähnte bereits, dass meine Messer sehr scharf sind. Meine Finger können ein Lied davon singen. So kam, was kommen musste. Zweimal schnitt das Messer durch den Handschuh und traf meine Finger. Ich nahm die nächsten Pflaster und versorgte meine Wunden. Dass ich nun den Zeigefinger nicht mehr beugen konnte, tja, Hauptsache die Wunden waren versorgt.
Der nächste Schritt führte mich zu den Mehlknöpfchen. Nicht mal bei diesen Dingern konnten sich die Autoren der Rezepte auf gemeinsame Mengenangaben einigen. Die Mengen an Mehl und die Anzahl der Eier variierten derart, dass ich mehr als ratlos war. Ein Pfund Mehl und 1 Ei oder 300,0 gr. Mehl und 2 Eier. Da kommt man doch ins Grübeln. Mal kommt Quark in die Masse, mal nicht. Wasser! Okay, soll den Teig verdünnen und nach Bedarf eingesetzt werden. Aber wieviel ist: nach Bedarf?
Ich mischte eine Menge dies und gab eine Anzahl das hinzu. Ich mag Quark, also gab ich auch etwas davon in den Teig. Der sollte mit dem Schneebesen solange gerührt werden, bis er Blasen wirft.
Also, das war mir doch zu viel des Guten. Ich nahm die Küchenmaschine. Irgendwann streikte sie. Der Teig war zu fest. Ich gab dann mal Wasser nach Bedarf hinzu. So viel Wasser, das die Maschine wieder problemlos lief. Ich ließ die Maschine rühren und rühren. Aber der Teig wollte einfach keine Blasen werfen. Ehrlich gesagt, ich wüsste auch gar nicht, wie er das machen würde.
Meine Vorbereitungen waren beendet und ich konnte etwas Ausruhen. So, wie der Teig es auch durfte. Lacht ihr schon wieder? Kochen ist anstrengend!
Gut! Nachdem der Teig geruht hatte, begann ich mit dem richtigen Kochen. Ich stellte den Topf mit den Kartoffeln auf den Herd und hoffte das Beste. Bis das Wasser verdampft war, dürften sie gar sein.
Ich hatte vorsichtshalber den Kartoffeln ein Vollbad spendiert. Wenn ich mehr als einen Topf bewachen muss, komme ich ins Schleudern. Dann brennt irgendetwas an. Schließlich stand ja noch mein Kampf mit den Speckwürfeln an.
Lacht nicht! Ich fand kein Rezept, in dem genau stand, wie lange diese Kartoffeln kochten mussten.
Dann begann der ungleiche Kampf: Speckwürfel gegen unbegnadeten Koch. Ich weiß, lacht nur weiter. Ihr könnt Euch schon denken, was geschah und ihr habt Recht. Es ging mal wieder voll daneben. Da stand doch wirklich in den Rezepten der Satz: lassen Sie die Speckwürfel aus. Tja! Diesmal habe ich gegoogelt. Erklärung: Speck auslassen bedeutet, ihn in der heißen Pfanne brutzeln, bis alles Fett den Speck "verlassen" hat. (Stand wortwörtlich da! Ehrlich!)
Tja! Was soll ich dazu sagen. Ich lasse den Speck immer solange brutzeln, bis alles Fett ihn verlassen hat. Leider sagt der Speck nicht Bescheid, wenn er fettlos ist. Er verwandelt sich lieber in Briketts.
Ich weiß auch nicht, wie der Speck aussieht, wenn er ausreichend gebrutzelt hat, damit alles Fett ihn verlassen konnte. Ihr versteht? Ich fand leider kein Foto dieses gebrutzelten, fettlosen Specks.
Naja! Ich gab den Speck in die Pfanne und hoffte das Beste. Es war wie immer. Der Speck wollte nicht brutzeln, um sein Fett zu verlieren und sprang wieder aus der Pfanne. Wie machen das die Köche, dass der Speck bleibt, wo er hingehört? Anscheinend war dieser Speck der Meinung, er gehöre nicht in meine Pfanne.
Leider musste ich dem Beschuss wieder ausweichen und so kam, was kommen musste, der Speck, der sich in der Pfanne wohlfühlte und geblieben war, verwandelte sich in kleine Briketts.
Ich frage mich, ob Speck auslassen ein eigenes Lehrfach der Kochausbildung, ist.
Second chance! Diesmal habe ich es mal mit baden versucht. Vielleicht würde der Speck sein Fett, während eines ausgedehnten Bades in Sahne, auslassen. Ich meine ja nur. Ich weiß ja nicht, wieviel Fett, die selbst schon fette Sahne, aufnehmen kann. Ich habe schon übersättigte Salzlösungen gesehen, aber übersättigte Sahne? Non!
Noch eine ordentliche Ladung Pfeffer an die Sahne, sozusagen das Badesalz für den Speck. Ich sagte bereits, dass viel Pfeffer an die Soße soll.
Während die Kartoffeln vor sich hin kochten und der Speck badete, begann ich mit der Herstellung der Mehlknöpfchen. Das las sich so einfach. Aber!
Von wegen, der Teig fällt leicht vom Löffel. Der Teig zog sich wie Kaugummi. Es bedurfte schon einiger Anstrengung, das Zeug in den Topf zu kriegen. Von Knöpfchen konnte man auch nicht reden. Was da im Topf schwamm, sah in etwa aus, wie die abstrakten Figuren, die beim Bleigießen entstehen. Allerdings waren die Dinger im Topf riesig. Aber es stand im Rezept, man nehme zwei Suppenlöffel.
Nach der ersten Portion Riesenpseudoknöpfchen, nahm ich zwei Kaffeelöffel. Es sah lustig aus. Kraken, Croissants, Bällchen, Fäden und lauter skurrile Figuren schwammen im Wasser. Nur keine Knöpfchen.
Okay! Ich weiß auch nicht, wie diese Knöpfchen eigentlich aussehen sollen.
Kurz vor 18 Uhr kam Elisabeth. Sie grinste, denn der Geruch nach Speckwürfelbriketts lag noch in der Luft. Ich begleitete sie ins Wohnzimmer und machte auch sie mit Baron de Rothschild bekannt. Zeit für Smalltalk hatte ich keine, das Essen wartete.
Die Kartoffeln hatten inzwischen ihren Wasservorrat aufgebraucht. Der Nachschub zischte und verlangte nach mehr. Der Wasserdampf aus dem Knöpfchentopf hatte sich an den Wänden abgesetzt und lief jetzt in kleinen Bächen die Wände herab. Ich frage mich, was besser ist: Brand- oder Wasserschaden?
Die Speckwürfel hatten sich in ihrem Sahnebad sichtlich wohlgefühlt. Die Sahne war eingedickt. Aha! So sieht übersättigte Sahne aus. Unappetitlich! Ich goss noch ein Glas Sahne ins Bad und rührte um. Sah schon besser aus.
Ich machte mir Sorgen. Ob Elisabeths, nun doch schon in die Jahre gekommenes, Herz, den übermäßigen Schub Fett gut wegstecken würde? Cholesterin kann in ihrem Alter schlimmes anrichten.
Dann kam der große Moment. Herren und Damen sollten vereint werden. Verheiraten, sozusagen. Aha! Jetzt verstehe ich! Verheiratete!
Ich musste nicht probieren. Ich konnte auch so schon sehen, dass die Kartoffeln zu weich waren. Sie waren sehr anschmiegsam und gingen mit der Soße eine Liaison ein. Ob das so sein soll? Seitensprung während der Trauung? Ehe zu Dritt? Partnertausch? Stopp! Ich schweife zu weit ab!
Okay! Ich mischte ganz vorsichtig und dann war es endlich soweit. Das ach so simple Gericht kam auf den Teller.
Schnell das obligatorische Foto und es konnte losgehen.
Elisabeth war überrascht. Es sah wider Erwarten gut aus. Tja! Der schöne Schein trügt manchmal. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass auch Elisabeth nicht wusste, was Herren und Damen sind und wie sie aussehen, kann sie auch nicht wissen, wie sie schmecken sollen. Ha!
Der erste Bissen war wie immer äußerst interessant für mich. Ich konnte sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Sie überlegte, wie sie mir so schonend als möglich beibringen könnte, was diesmal wieder fehlt oder zu viel war.
Kurzfassung: Die Kartoffeln waren zu weich, dafür waren die Knöpfchen zu (netterweise) bissfest. An den Kartoffeln fehlte das Salz (Okay! Habe ich vergessen), die Knöpfchen schmeckten nach, nun ja, nichts! (Ups!) Aber wenn man alles mit der Soße mischte, dann war es gewürzt.
Nach dem Essen kam es zu einem Dialog, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Elisabeth sprach über versalzenes Essen. Darüber, das der Volksmund sagt, dann sei die Köchin verliebt. Mein Essen könne man allerdings nicht versalzen nennen, weil dies weiße Gold gänzlich fehlte. Schließlich fragte sie, was der Volksmund wohl sagt, wenn das Essen eine Überportion Pfeffer abbekommen hat? Tja! Keine Ahnung! Vielleicht könnt Ihr Elisabeth diese Frage beantworten.
Aber wie auch immer. Ich habe es mal wieder geschafft. Ich habe gekocht.
Jetzt sind es noch 46 Events. Es hört sich schrecklich an. Aber die Zeit vergeht schnell und irgendwann wird auch diese Wette gewonnen oder verloren sein. Ich habe allerdings nicht die Absicht, als Verlierer daraus hervor zu gehen.