Lasagne
Lasagne ist tückisch. Sieht so einfach aus, hat es aber in sich. Nun ja! Meine Lasagne hatte nicht „so alles“ in sich. Aber dazu später mehr.

Es war wie immer. Chaos pur! Das Einkaufen war relativ einfach. Aber das Kochen. Non! Zumal ich diesmal auch unter starkem Zeitdruck stand. Stuart, der Flugkapitän, ist es gewohnt, nach Zeitplan zu leben. Nach genauem Zeitplan! Er hasst es, wenn er warten muss! Okay! Aber wer zu mir zum Essen kommt, muss mit kleineren Verspätungen rechnen.

Nun ja! Es war 14 Uhr, als ich mit den Vorbereitungen begann. Ich hatte wieder von allem eine größere Menge eingekauft. Diesmal musste ich nicht durch viele Geschäfte rennen. Bei meinem Feinkosthändler wurde ich fündig. Was es dort alles gibt. Mehr als nur die Antipasti und soufflé aux légumes (Gemüseauflauf), die ich sonst kaufe. Jedenfalls bekam ich frische Lasagneblätter. Sehr frische!

Nun ja! Ich putzte Gemüse und pellte die Zwiebeln. Die ersten Tränen flossen. Ich würfelte Karotten, Knoblauch, Sellerie und Speck. Alles ohne größere Probleme. Dann kamen die Zwiebeln an die Reihe und die Tränen verwandelten sich in Sturzbäche. Wow! Die Dinger hatten es in sich. Ich war mir nicht sicher, ob ich den Event durchziehen konnte. Feuchte Tücher kühlten meine Augen und nach einer halben Stunde konnte ich weitermachen. Wieder einmal hatten die Zwiebeln meine Planung umgeworfen. Ich werde bei meinem Feinkosthändler nachfragen, ob er auch gewürfelte Zwiebeln im Angebot hat.

Aber das Schlimmste sollte erst kommen. Ich schmolz das Fett in der Pfanne. Alles auf kleinster Stufe. Trotzdem spritze es wieder. Ich gab das Gemüse hinzu und die Pfanne schoss kleine Gemüsewürfel nach mir. Zum Glück trug ich meine Schutzbrille. Wütend schüttete ich die Speckwürfel hinzu. Die Pfanne ließ sich nicht kleinkriegen und nach kurzer Zeit schoss sie die Speckwürfel ab. Meine Küche… Non!
Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich mich kurzfristig in Sicherheit bringen musste. So kam es, dass mir mal wieder der Moment entging, als die Pfanne die wenigen Gemüse- und Speckwürfel, die sie nicht nach mir abgeschossen hatte, in kleine Briketts verwandelte. Es lag eindeutig an der Pfanne. Sie mochte mich nicht!
Der Brandgeruch hielt sich in Grenzen. Der Qualm hatte sich schnell verzogen und nach kurzer Zeit konnte es weitergehen.
Zum Glück hatte ich ja noch eine Ration Gemüse und Speck. Beim zweiten Versuch nahm ich den großen Topf. Wenn Speck und Gemüse sich wieder in Geschosse verwandeln wollten, mussten sie sich diesmal anstrengen. Der Topf hat einen hohen Rand. Ich würde das Zeug schon kleinkriegen. Fest entschlossen, diesmal zu gewinnen, gab ich alle Zutaten in den Topf. Gemüse, Speckwürfel, Fett und Hackfleisch. Auch wenn es jedem Rezept widersprach, es war mir egal. Mit einem Kochlöffel bewaffnet, rührte ich die Masse um. Wieder und wieder. Ich gab ihr keine Chance, zu schießen, geschweige denn zu bräunen. Ich erinnerte mich, dass das Hackfleisch in kleine Bröckchen zerfallen sollte. Sollte! Tat es aber nicht! Ich hackte mit dem Kochlöffel solange auf dem Zeug herum, bis es einigermaßen bröckelig aussah. Alles! Nun ja! Das Gemüse nahm mir die Dauerrührerei übel und sah etwas gewöhnungsbedürftig aus. Was soll’s. Ich wollte keinen Schönheitswettbewerb mit ihm gewinnen.
Ich gab die Consommé dazu (der Feinkosthändler hatte keine frische Bouillon mehr)und schüttete zwei Gläser gewürfelte Tomaten hinzu. Im Rezept wurde gefordert, man solle zwei Schuss Rotwein dazugeben. Tja! Ich kann schießen. Habe schon mit verschiedenen Munitionen geschossen – aber mit Wein? Wie soll das gehen? Spaß beiseite! Was ist mit „Schuss“ gemeint? Wieder mal schnell gegoogelt. Keine einleuchtende Erklärung gefunden. Also goss ich eine ordentliche Portion Wein in die sauce. Jetzt musste sie nur noch vor sich hin köcheln.

Die Uhr jagte mir einen gewaltigen Schrecken ein. 17:10 Uhr. Das würde mal wieder nicht ausreichen! Die sauce sollte vierzig Minuten vor sich hin köcheln. Und die Lasagne sollte zwanzig Minuten in den Ofen. Das wäre nur eine kleine Verspätung. Stuart würde etwas später starten. Etwas!
Leider musste ich die Zutaten noch alle zusammen bringen. Das würde Zeit beanspruchen. Viel Zeit! Ich habe das ja bekanntlich noch nie gemacht.

Während ich so vor mich hin sinnierte, blubberte es plötzlich und, warum auch immer, der Topf schoss mit sauce. Und wie er schoss. Im Rezept stand „im offenen Topf“ köcheln! Die kennen meine, mir feindlich gesonnen, Küchenutensilien nicht. Der Deckel beendete den Beschuss. Aber das Rumoren im Topf war nicht zu überhören. Er würde es nicht wagen, den Deckel nach mir zu schleudern. Oder doch?

Ich bewaffnete mich mit feuchten Tüchern und begann, voller Wut, erst den Küchenboden und anschließend den Rest der Küche von den Spritzern zu befreien. Die Tapete ist jetzt mit so vielen Tupfen übersät, dass man fast schon glauben könnte, es müsse so sein. Aber ich weiß, dass dem nicht so ist. Montag werde ich ein längeres Gespräch mit dem Maler führen.

Inzwischen piepte die Stoppuhr und erinnerte mich daran, dass die sauce sich jetzt mit den Lasagneblättern vereinen wollte. Ich pinselte die neue Auflaufform (die alte ist mir gestern beim Ausmessen aus den Händen geglitten! Ich musste doch berechnen, wie viele dieser Blätter ich benötige!) mit Butter ein. Ich gab die erste Lage Blätter auf den Boden der Form. Leider ist die Auflaufform leicht abgerundet und die Platten stellten sich an den Ecken in die Höhe. Was heißt stellen. Sie klebten an den Ecken und waren nicht bereit, sich wieder davon zu lösen. Okay! Ich ließ ihnen ihren Willen. Jetzt sollte die erste Lage sauce bolognaise darauf und darüber die sauce béchamel. Oh mon Dieu! Die sauce! Die hatte ich völlig vergessen. Das Großreinemachen hatte es mich völlig vergessen lassen.

Inzwischen waren meine Gäste angekommen. Ich führte sie in den Salon und machte sie mit einem wundervollen Erzeugnis des Barons Rothschild bekannt. Er würde ihnen die Wartezeit so angenehm wie möglich machen. Ich verabschiedete mich in die Küche.

Ich löste Butter im Topf auf und gab das Mehl hinzu. Es sollte nicht klumpen. Das Mehl wusste es nicht und bildete binnen kürzester Zeit viele kleine Klümpchen. Alles rühren half nicht. Der Pürierstab musste her. Er tat sein bestes. Aber er machte aus kleinen Klümpchen klitzekleine. Mittlerweile fing die Butter an zu spritzen. Das Mehl hasste seine weiße Farbe und bräunte sich. Sollte es aber nicht. Interessierte das Mehl aber nicht und es bräunte sich weiter. Ich hasse kochen!
Ha! Mit mir nicht. Ab mit dem Top in die Spüle. Ein neuer Topf und sauce béchamel aus dem Glas. Kurz erwärmen - nur ganz kurz - das Mehl in der sauce könnte sich eventuell auch dazu entschließen, etwas mehr Farbe anzunehmen.
Bon! Sauce béchamel über die sauce bolognaise. Nächste Lage Blätter. Diesmal schnitt ich die Ecken ab. Jetzt fehlte zwar etwas Pasta, aber die Lasagne würde es verschmerzen. Wieder sauce bolognaise und sauce béchamel. Neue Lage eckenlose Blätter. Ich verteilte gerade die dritte Lage sauce auf den Blättern als ich bemerkte, das ich bei den ersten beiden zu sparsam war. Dann schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Oh non! Ich hatte vergessen, etwas Parmesan über die Lagen eins und zwei zu streuen. Die Gewürze und Kräuter standen ebenfalls unbenutzt herum. Die hätten sich doch wirklich bemerkbar machen können.
Ich streute Salz und Pfeffer in die sauce bolognaise. Damit die zweite Lage auch etwas Parmesan abbekam, hob ich die Blätter etwas an. Oh non! Sie gaben nach und wurden immer länger. Mischten sich mit den beiden Soßen und waren einfach nur – na ja!
Ich schob die Blätter zurück auf ihre Plätze. Schob sie noch etwas mehr zusammen und schließlich passten sie wieder in die Form. Ich gab die restliche sauce darüber und bestreute diese Lage mit Parmesan. Die letzten Blätter darüber und die restliche sauce béchamel. Darüber noch einen Berg Parmesan und die Lasagne konnte in den Ofen.

Zwanzig Minuten später war meine erste Lasagne fertig. Ups! Jetzt zeigte sich, dass etwas mehr Sorgfalt besser gewesen wäre. Die Lasagne war an den Ecken völlig ausgetrocknet und wohl auch ungenießbar. Ich hatte mehrfach gelesen, man solle die Lasagne völlig mit sauce und Parmesan bedecken. Aber ich war so im Stress!

Mit einer klitzekleinen Verspätung konnten Stuart und Graham sich zu Tisch begeben.
Ich schoss das obligatorische Foto und hoffte das Beste. Etwas skeptisch begannen meine Gäste zu speisen. Die ausgetrockneten Teile häuften sie fein säuberlich an den Rand ihrer Teller.
Irgendwann fragte mich Stuart, wie ich es geschafft hätte, der Sauce stellenweise eine Überdosis Pfeffer zu verpassen. Ups! Ich hatte nach dem nachträglichen würzen vergessen, die sauce umzurühren.
Ansonsten wäre die Lasagne besser geraten, als sie sich erhofft hatten. Ich bin mir immer noch nicht im Klaren darüber, ob ich das als Lob ansehen soll.
Was soll’s! Ich habe gekocht und es nach vielen kleineren Malheuren geschafft, die Lasagne zu servieren.

Jetzt sind es nur noch 49 Events. Ich bin fest entschlossen, die auch noch zum meistern.