Soupe de pois cassés
Da habe ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn doch wirklich gedacht, Erbsensuppe zu kochen, kann nicht allzu schwer sein. Falsch gedacht. Nun ja! Ganz so jugendlich bin ich nun auch nicht mehr. Aber leichtsinnig, ja! Sonst hätte ich mich sicher nie auf diese Wette eingelassen.
Freitagmorgen, in aller Frühe, bin ich zum Supermarkt gefahren. Wow! Sechs Uhr in der Frühe und der Laden war voll. Alle Frühaufsteher. Nun ja! Die Herrschaften wollen beköstigt werden und das Personal muss einkaufen.
Etwas hilflos stand ich vor einem Regal, voll mit getrockneten Erbsen, Bohnen, Linsen. Einige davon sahen ziemlich vertrocknet aus. Und erst die Farbenvielfalt. Orange und pink, violett und blau. Non! Merci!
Schließlich nahm ich eine Packung mit grünen Erbsen. Winzig kleine Erbsen. Zuhause habe ich die Winzlinge gebadet. Nach dem Bad durften sie trocknen. Dann wurden sie mit Wasser bedeckt, weil sie doch weichen mussten. Hmm!
Ich überließ die Winzlinge ihrem Schicksal und ging meiner Arbeit nach. Am frühen Nachmittag besorgte ich die restlichen Zutaten und fuhr unbekümmert nach Hause. Hätte ich in diesem Moment gewusst, was da noch auf mich zukommen sollte, ich wäre zum Flughafen gefahren und hätte mir ein Ticket für den nächsten Flug gekauft. Egal, wohin er gegangen wäre.
Nun ja! Ich fuhr nach Hause. Stellte den Bodenwischer bereit, falls es wieder eine Rutschbahn in der Küche geben sollte, öffnete das Fenster und schloss die Türen. Gegen 14 Uhr begann ich das Gemüse zu bearbeiten. Waschen, putzen, schneiden. Wow! War das eine Arbeit. Alles in winzige Würfel schneiden. Zum Glück habe ich scharfe Messer. Roher Sellerie ist sehr hart. Karotten sind auch nicht viel weicher. Meine Hände taten weh. Dann waren die Zwiebeln an der Reihe. Nach 15 Minuten weinen und einer Packung Kleenex, konnte ich meine Arbeit fortsetzen. Das kam mir alles so bekannt vor.
Vorsichtshalber habe ich diesmal alles in doppelter Menge vorbereitet. Falls beim ersten Versuch etwas schief geht, konnte ich immer noch auf eine weitere Ration Zutaten zugreifen. Nur darf es nicht allzu spät passieren, das Unglück, sonnst reicht die Zeit nicht aus. Vier Stunden Kochzeit sind nicht gerade wenig.
Nun ja! Dann ging‘s richtig los. Inzwischen war es 15 Uhr. Lacht nicht. Gemüse schneiden ist sehr zeitaufwendig und die Zwiebeln warfen mir den Zeitplan um. Zudem musste ich zweimal die Handschuhe wechseln, weil das scharfe Messer mehr als nur den Sellerie erwischt hatte.
Ich nahm den Dunstabzug in Betrieb und hoffte das Beste. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!
Ich habe das Schmalz im Topf erhitzt. Alles bei niedriger Temperatur. Dem Schmalz war es egal. Es spritzte wieder. Nachdem ich die Speckwürfel ins heiße Fett gegeben hatte, steigerte sich der Beschuss. Aber ich habe jetzt einen Spritzschutz. Ein tolles Teil. Nach kurzer Zeit beendete der Speck den Beschuss und schmorte so vor sich hin. „Den Speck auslassen“ stand im Rezept. Ich habe noch nie Speck ausgelassen. Ich weiß nicht, wie er aussieht, wenn er ausgelassen ist. Die Speckwürfel wurden immer kleiner. Das Fett im Topf hingegen vermehrte sich. Man soll nicht glauben, wie kurz der Moment ist, wenn aus Speck, der sich auslässt, Speck wird, der ausgelassen ist. Und vor allem, wenn er sich in viele kleine Briketts verwandelt. Es ist der Moment, in dem dunkler Qualm durch die Küche zieht. Beißender Geruch die Nase reizt und die Augen zum Weinen bringt.
Doch diesmal war ich innerlich vorbereitet. Ich setzte den Deckel auf den Topf und stellte ihn in die Spüle. Eine weitere Verbrennung am Daumen, ein Hub Cortison und frische Luft auf der Terrasse. Nach einer Viertelstunde war die Küche rauchfrei.
Nächster Topf. Das Ganze auf Neustart. Die Temperatur noch niedriger eingestellt. Das Fett zerläuft ohne Probleme. Doch die Speckwürfel verwandeln es in eine spritzende Masse und wieder stehe ich unter Beschuss. Vielleicht ist es die Rache des Schweins, das da als Speck in meinem Topf liegt.
Okay! Diesmal beendete ich das Auslassen frühzeitig (Ich bin mir aber nicht sicher, ob es bereits ausgelassen war!) Nun die Zwiebelwürfel in den Topf. Nach Rezept müssen sie glasig dünsten. Okay! Wie dünstet man Zwiebeln glasig? Anscheinend habe ich den Moment, als die Zwiebeln glasig waren, verpasst. Sie nahmen eine bräunliche Farbe an, was mit glasig ja wirklich nichts zu tun hat. Okay! Es gibt auch braunes Glas. Aber die Zwiebeln hatten wirklich nichts Glasiges.
Ich gab das Gemüse in den Topf und rührte. Das Gemüse sollte dünsten. Tja! Irgendetwas ging in diesem Topf vor, allerdings würde ich es nicht dünsten nennen. Ich würde eher sagen, das Gemüse nahm Farbe an. Bevor es zu viel Farbe hatte, gab ich Wasser hinzu. Das färbte sich dann auch sofort bräunlich. Dann sollten die Erbsen hinzu, mitsamt dem Einweichwasser. Das wollte ich aber nicht mit in den Topf geben. Das Badewasser sah schon nicht gut aus. Aber das Problem hatte sich bereits von selbst gelöst. Die Erbsen saßen auf dem Trockenen. Tja! Wie lange sie wohl schon so saßen, so ganz ohne Wasser? Eingeweicht sahen sie nicht aus. Eher wie zementiert. Erbse an Erbse. Ob die Winzlinge etwa schwimmen sollten? So wie letzte Woche der Coq? Nun ja! Der schwamm etwas zu viel.
Jedenfalls gab ich die Erbsen in den Topf. Sie mussten rein, ich hatte nun mal keine anderen. Ich gab die im Rezept genannte Menge Bouillon hinzu, eine ordentliche Portion weißer Pfeffer (in keinem Rezept stand eine genaue Mengenangabe), rührte die Masse um und legte den Deckel auf den Topf. Uff! Geschafft!
Ich stellte den Timer auf 15 Minuten (die Suppe will sehr oft umgerührt werden. Stand in vielen Rezepten!) und verließ die Küche.
Kaum hatte ich er mir auf der Couch gemütlich gemacht (kochen ermüdet!), piepte es auch schon. Der Timer kannte keine Gnade. Zum Glück! Die Winzlinge hatten das Wasser völlig aufgesaugt. Wow! Sie hatten ihre Größe merklich verändert. Sie sahen jetzt fast aus wie Erbsen. Ich goss mehr Wasser in den Topf und stellte den Timer erneut auf 15 Minuten.
Wow! Wie schnell doch 15 Minuten vergehen. Wieder saßen die Erbsen fast auf dem Trockenen. Nach erneuter Wasserzugabe rührte ich die Masse um. In irgendeinem der vielen Rezepte hatte ich gelesen, dass man die Suppe öfter umrühren sollte. Aber so oft? Das artete ja schon in Arbeit aus.
Und so ging es munter weiter. Timer einstellen, piepen, aufstehen, rühren. Und das gefühlte tausend Mal. Erbsensuppe ist sehr liebebedürftig. Sie will andauern gerührt werden sonst ist sie beleidigt und geht mit dem Boden des Topfes eine Liaison ein.
Nach zwei Stunden rühren und Wasser auffüllen, waren die Dinger noch immer knochenhart. Sie hatten zwar ihre Größe verändert, waren dicker geworden, aber weich? Non!
Nach drei Stunden waren sie zerplatzt, aber immer noch hart. Immerhin ein Fortschritt.
Kurz vor 20 Uhr kam Wolf. Sichtlich erleichtert, dass kein Brandgeruch in der Luft lag, nahm er Platz. Dass die Suppe noch unbekannte Zeit brauchte, bis die Erbsen darin weich waren, nahm er lächelnd zur Kenntnis. Mäx hatte ihm geraten, noch eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, bevor er das Haus verließ. Es könnte sein (Es war sicherlich so!!!), dass das Essen noch eine kleine Weile brauchte, bis es auf dem Tisch stand. Zudem hatte Wolf eine Packung Tabletten gegen Magenverstimmung dabei. Und einen Flachmann. Man weiß ja nie!
Nach einer Stunde Wartezeit beschloss ich, dass die Erbsen jetzt weich genug und zum Verzehr bereit waren. Ich gab die geschnippelten Mettwürste in die Suppe und ließ sie noch fünf Minuten mitkochen.
Dann ging‘s los. Noch das obligatorische Foto und Wolf nahm Platz. Sieht aus wie Erbsensuppe, meinte er skeptisch. Sehnsüchtig sah er auf meinen Salatteller. Aber er ist kein Vegetarier. Er isst Suppe mit Speck und Würstchen.
Ich folgte dem ersten Löffel Suppe zum Mund. Hmm! Sagte er, er liebe scharfes Essen. Das hier sei extrem scharf. Scharf und etwas versalzen. Zudem habe er noch nie eine derart bissfeste Erbsensuppe gegessen. Ups! Aber er aß tapfer weiter. Guter Wolf!
Mein Angebot, ihm die restliche Suppe einzupacken, lehnte er dankend ab. Verständlich!
Aber was soll’s! Ich habe es hinter mir. Erbsensuppe abgehakt! Jetzt sind es nur noch 50 Essen!
Morgen habe ich sicherlich Muskelkater in den Händen. Wie machen das all die Hausfrauen? Und wo nehmen sie die Zeit her? Ich jedenfalls habe wertvolle Zeit meines Lebens mit dem Kochen von Erbsensuppe verschwendet.