Tja! Diesmal hatte ich zwei Tage, um das Essen zuzubereiten. Ich muss sagen: Zum Glück! Wie ich das an einem Tag hätte erledigen sollen - aucune idée.
Diesmal gehen wir zurück zum Donnerstag. Chloé hatte mir bereits am frühen Morgen mitgeteilt, was ich kochen muss. So konnte ich alle Einkäufe bereits am Nachmittag erledigen.
Im Feinkostladen gab es die üblichen Kommentare zu meinem letzten Kochevent. In einem waren sich alle einig. Wenn man die Portionen betrachtet, könnte man meinen, ich würde meine Gäste auf Diät setzen.
Aha! Jetzt muss ich aber mal, zu meiner Verteidigung, etwas vorbringen.
Es sieht immer besser aus, wenn die Teller nicht voll gehäuft sind. Da gebt ihr mir sicherlich Recht.
Uuund – manchmal gibt es auch noch Nachschlag, wenn denn jemand noch mehr möchte. Lacht nicht – das kam auch schon vor.
Aber, Ihr habt ja soo Recht – es bleibt manchmal eben nicht mehr übrig, als das, was auf den Tellern landet. Die Fluktuation beim Kochen ist manchmal groß, manchmal etwas größer.
Manchmal bin ich froh, dass ich überhaupt noch etwas habe, das ich auf den Teller legen kann.
So, wieder mal abgeschweift. Zurück in den Feinkostladen.
Alle wollten wissen, wie mein neuer Auftrag lautet. Ich erzählte, dass es ein italienischer Abend würde. Pollo cacciatore und Tiramisu.
Massimo, ein Verkäufer mit italienischen Wurzeln, konnte sich ein weinerliches oooh nicht verkneifen. Es war ein schreckliches oooh. Ihr wisst doch sicherlich, wie es sich anhört, wenn ein Italiener leidet. Non? Ich kann Euch sagen – schrecklich.
Seine Kolleg(inn)en waren etwas konsterniert, angesichts ihres leidenden Kollegen. Das änderte sich, als er „Coq au vin“ sagte. Jetzt verstanden alle. Ich wundere mich immer noch, dass sie nicht in sein Jammern einfielen.
Aber in ihren Gesichtern konnte ich lesen wie in einem Buch: „Lass es!“
Irgendwann beruhigte sich Massimo wieder. Er meinte, ich müsse ausprobieren die Rezept von seine Maamaa. Sie würde machen die beste Tiramisu von die Welt.
Während er mir weitere Anweisungen gab, schrieb er mir das Rezept auf und machte sich daran, mir die Zutaten zusammenzusuchen.
„Für die Pollo cacciatore, man braucht eine ganze Huhn. Lass es! Das, es geht voll in die Hose wieder! Nimm Beine! Das es ist einfacher für dich. Lass sie baden und machen Wellness. Sonst es schreit wieder die Brandmelder und Du machen ihn kaputt.
Ich muss ja jetzt nicht groß beschreiben, wie bemüht seine Kolleg(inn)en waren, sich das Lachen zu verkneifen.
Sogar ein paar Kunden grinsten vor sich hin.
Eh bien soit ! On rit toujours du malheur d'autrui.
Mir war das Lachen vergangen. Nimm Beine!
Zuhause beginn ich den Fehler, nicht die Freitäglichen Vorbereitungen zum Schutz meines Hauses zu treffen. Es war Donnerstag und es stand nur ein Dessert auf dem Plan.
Tja! Nur ein Dessert!
Tiramisu! Übersetzt: Zieh mich hoch! Irgendwas muss dieses Tiramisu da wohl falsch verstanden haben. „Ich spritz Dir die Küche voll“ würde besser passen.
Aber fangen wir ganz am Anfang an. Bei den Eiern. Ja, bei den Eiern. Bis dahin hatten Eier und ich ein gutes Verhältnis zueinander. Das hat sich allerdings drastisch geändert.
Mon Dieu! Erst teilen sie sich nicht und dann machen sie auch noch auf Zicke!
Also! Ich nahm Massimos Zettel und da stand: Eier trennen. Oho!
Ich muss euch ja wohl nicht lang und breit erklären, dass ich noch nie Eier getrennt habe.
Ich bat Monsieur Internet um Hilfe. Er schickte mir hunderte Videos zum Thema „Eier trennen“.
Nachdem ich mir gefühlte tausend Videos angesehen hatte, war ich völlig fertig. Eier trennen ist nicht Eier trennen.
Warum schickt mir Monsieur Internet aber auch immer hunderte Antworten zu einer einfachen Frage. Eine richtige Antwort würde doch ausreichen.
Bon! Sicherlich denkt er sich, dass etwas Auswahl nicht schlecht wäre. Er will mir wohl zeigen, dass viele Wege nach Rom führen. Ich muss nur meinen eigenen Weg finden.
Aha! Ich habe ihn gefunden. Zumindest was das trennen von Eiern betrifft. Aber glaubt mir, es war ein harter und steiniger Weg.
Im Rezept war angegeben, man solle fünf Eier trennen. Am Ende hatten es drei geschafft, sich voneinander zu lösen.
Nun ja! Ich hatte 3o Eier gekauft. Im Kühlschrank waren weitere 12 bevorratet (Meiner Perle sei Dank!).
Tja! Sagen wir mal so! Ich habe meiner Perle das Aufschlagen der Eier abgenommen. Sie konnte Freitag Kuchen backen… viele Kuchen backen…. Ich habe freundlicherweise das Eigemisch immer viererweise in kleine Dosen gefüllt. Was tut man nicht alles. Das Damoklesschwert der angedrohten Kündigung schwebt noch immer über meinem Kopf.
Eier trennen ist nicht einfach!
So! Zurück zum Rezept. Das Eiweiß sollte zu Schnee steif geschlagen werden. Oh!
Wieder Monsieur Internet um Hilfe gebeten. Inzwischen glaube ich, dass der weise alte Mann extra für mich einen Spezialisten abgestellt hat. Einen Spezialisten für dämliche Fragen. Meine dämlichen Fragen.
Okay! Videos angeschaut und Eischnee geschlagen. Allerdings war ich etwas irritiert. Sieben Videos angeschaut. Fünf deutsche und zwei französische. Die deutschen Köchinnen meinten, man solle eine saubere Schüssel oder ein sauberes Gefäß nehmen.
Ist es in Allemagne nicht selbstverständlich, dass man sauberes Geschirr benutzt?
Weiter geht’s. Eigelb mit Zucker aufschlagen. Solange, bis eine cremige Masse entstanden ist. Oh! Oh! Viellicht hätte ich die Maschine nicht auf höchste Stufe stellen sollen?
Sagen wir mal so – was noch in der Schüssel verblieben war, war nicht der Rede wert und weit von einer cremigen Masse entfernt.
Aber die gelben Spritzer auf der grünen Tapete sahen fast schon gut aus. Über die Spritzer in der restlichen Küche breiten wir besser den Mantel des Schweigens.
Ich rief im Feinkostladen an und fragte, ob es möglich sei, mir mehrere Eigelbe zu liefern. Eigelb! Keine Eier!
Nach kurzer Pause (man hörte nur unterdrücktes Glucksen) sagte man mir, dass die Eigelbe sofort auf die Reise gingen. Wie viele ich denn brauchen würde.
Ich muss ja wohl nicht sagen, dass ich mehr als fünf geordert habe. Fünferweise in Gläser gefüllt.
Okay! 45 Minuten später waren die Eigelb in meine Küche. Ich kann Euch sagen, es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis die Maschine das Eigelb-Zuckergemisch in eine cremige Masse verwandelt hatte.
Der Quirl lief so langsam, dass man bei seinem Anblick fast in Hypnose versetzt wurde.
Okay! In die cremige Masse musste Mascarpone eingerührt werden. Das lief eigentlich ohne größere Probleme ab.
Allerdings gestaltete sich das Unterheben des Eischnees etwas schwieriger. Da gab es ein paar Wölkchen, die partout nicht wollten wie sie wollten. Vielleicht waren meine Bemühungen zu heftig oder was auch immer, jedenfalls sah die Masse in meiner Schüssel nicht cremig, luftig, leicht aus. Sie glich mehr einer zähfließenden Masse.
Ich kochte Espresso. 150 ml Espresso. Das war eine Arbeit! Meine Maschine brüht nur Espresso für winzige Tassen auf.
Ich mischte Amaretto in den Espresso und tauchte die Löffelbiscuits ein. Massimo hatte auf den Zettel in Großbuchstaben, unterstrichen und mit drei Ausrufezeichen versehen, geschrieben: NICHT EINWEICHEN!!!
Was er wohl damit meinte?
Ich schichtete Biscuits und Creme, strich alles glatt und stellte die Form in den Kühlschrank. Jetzt durfte sie eine Nacht schlafen. Kurz vor dem Servieren würde sie noch mit Schokoladenpulver bestäubt.
Das Tiramisu schlief im Kühlschrank und ich fast im Stehen.
Freitag
Der Tag des Pollo cacciatore. Maître Gayet hatte mir so viele „Beine“ eingepackt, dass mir angst und bange wurde, bei dem Gedanken, dass ich die meisten davon in Briketts verwandeln könnte.
Monsieur Internet hatte mir viele schöne Bilder geschickt, von denen ich mir einige ausgesucht hatte. Allerdings waren die Rezepte alle in italienischer Sprache verfasst. Verständlich, bei einem italienischen Gericht.
Ich verstand nicht allzu viel und suchte nach Rezepten in einer mir verständlichen Sprache. Schon die Erwähnung des Olivenöls erschien mir wie eine Kriegserklärung. Das bedeutete Fettspritzer ohne Ende. Grrr!
Ich pellte und zerteilte Schalotten und Knoblauch, wusch Tomaten und goss Oliven in ein Sieb, tupfte die Hühnerbeine trocken und war mit den Vorbereitungen fertig.
Das Schlimmste sollte aber erst noch kommen. Olivenöl und Hühnerbeine!
Mir blieb nichts anderes übrig, als Olivenöl zu erhitzen. Ja! Es spritzte und die Küche funkelte vor Fettspritzern.
Ich denke, es wäre wieder eine Renovierung fällig.
Wir Ihr wisst, bin ich lernfähig. Ich legte den Deckel auf und nahm die Pfanne vom Herd.
Neue Pfanne, neues Öl, weniger Hitze.
Ich würde so gerne einmal (Ich wäre wirklich schon mit einmal zufrieden) etwas scharf anbraten, das man auch als scharf angebraten identifizieren könnte. Nicht als überbräunt oder verkokelt.
Allerdings muss ich zugeben, ich weiß ja nicht mal, wie scharf angebraten aussieht. Vielleicht ist es der winzige Moment, bevor das Fleisch sich in Briketts verwandelt?
Ich werde demnächst Frida, eine Sterneköchin bitten, mich mal kurz in ihre Küche zu lassen, damit ich mir etwas scharf Angebratenes ansehen kann.
Ja! Ich weiß, was Ihr jetzt denkt. Am besten würde ich einen Kochkurs belegen. Vielleicht einen Crashkurs bei Frida machen.
Aber dafür fehlt mir die Zeit. Okay! Auch die Lust! Einmal pro Woche kochen müssen reicht mir. Ist schon mehr, als genug.
Okay! Wieder abgeschweift. Bevor das Öl spritzen konnte, legte ich die Hühnerbeine hinein. Vielleicht war es gut gemeint, aber jedenfalls falsch gemacht.
Da war wieder dieser winzige Augenblick, in dem ich mich in Sicherheit bringe, wenn das Fett anfängt zu spritzen. Bevor ich den Deckel auflegen und die Pfanne vom Herd nehmen kann.
Dieser winzige Moment, in dem sich das scharf angebratene Fleisch in Briketts verwandelt.
Aber ich war fest entschlossen, gebräunte Hühnerbeine in der Pfanne zu haben: Leider gelang auch der nächste Versuch nicht. Ihr wisst schon, dieser winzige Moment….
Tja! Vielleicht hätte ich mir Massimos Worte zu Herzen nehmen und den Hühnerbeinen ein Wellnessbad spendieren sollen.
Okay! Sie würden nicht knackig braun werden, aber hellbeige ist doch auch eine Farbe.
So kam, was wohl immer kommen muss, Wellnessbad!
Okay! Die Hühnerbeine brauchten schon eine Ewigkeit, bis sie überhaupt mal ihre Farbe unwesentlich änderten. Auch die Schalotten gaben sich keinerlei Mühe, zu bräunen.
Ich kam ins Grübeln. Die Hühnerbeine sollten scharf angebraten werden, mit Wein abgelöscht werden (abgelöscht????) und dann (abgelöscht???) eine halbe Stunde ziehen. Ziehen, mal abgesehen von diesem Wort, das ich nicht mag, abgelöscht?
Also, in hellen Flammen stand in meiner Küche noch nichts.
Que Dieu nous préserve!
Okay! Aber wenn sie jetzt schon wellnessten, bedeutete das, dass sie nachher nicht auch noch eine halbe Stunde „ziehen“ mussten oder doch?
Die Klingel schellte und riss mich aus meinen Gedanken. Ups! Wieder mal das Zeitlimit überschritten.
Misuki hatte sich schon gedacht, dass sie sich noch gedulden musste und in Baron de Rothschild einen würdigen Zeitvertreib finden würde.
In diesem Moment liebte ich die stoische Ruhe der Asiaten.
Ich führte Misuki in den Salon und stellte ihr den Baron zur Seite.
Ich verzog mich wieder in die Küche, nicht ohne Misuki vorher auf eine längere Wartezeit vorzubereiten.
In der Pfanne hatte sich inzwischen nicht viel getan. Ein Wellnessbad ist nun mal kein Solarium.
Ich erhöhte die Temperatur leicht, wirklich nur leicht. In der Pfanne brutzelte es und mir wurde etwas bange. Aber alles blieb, wo es war.
Ich wendete die Hühnerbeine und siehe da, sie hatten sich etwas gebräunt. Ich war begeistert.
Jetzt nur keine Fehler mehr machen. Ich gab den Wein in die Pfanne, legte die Tomaten hinzu und bedeckte die Pfanne mit dem Deckel.
Kurze Zeit später hatte ich einen Geistesblitz, auf den ich immer noch stolz bin. Oliven und Gewürze!
Ha! Heute würde es gewürztes Essen geben. Okay! Ich war mir nicht sicher, ob ich es vielleicht wieder mit dem Pfeffer zu gut gemeint hatte. Aber Asiaten lieben scharfe Küche.
Dreißig Minuten später war das Pollo cacciatore fertig. Seine Köchin allerdings auch.
Ich richtete alles auf einem Teller an und machte das obligatorische Foto.
Oh non! Da liegt nicht etwa mehr auf dem Teller, der Teller ist kleiner.
Ich bat Misuki zu Tisch. Zu gerne hätte ich gewusst, welche Gedanken sich hinter ihrem Lächeln verbargen.
Nach dem ersten Bissen konnte man allerdings sehen, dass sie erleichtert war. Nicht nur das. Sie war begeistert. Die Hühnerbeine waren zart und gut gewürzt. Auch wenn sie noch etwas Chili zum Nachwürzen brauchte. Aber sie ist Asiatin… scharfes Essen gewöhnt….
Und dieses zierliche Püppchen erbat sich Nachschlag. Ich konnte es kaum fassen.
Ich ging in die Küche, um das Tiramisu zu bestäuben.
Okay! Das Wort bestäuben kommt von Staub. Staub macht sich bekanntlich überall breit. Ihr ahnt was kommt? Oui! - Non? Nicht mal annähernd.
Ich öffnete die Packung Schokopulver. Die erste Ladung braunes Pulver machte sich breit.
Nun stellte sich mir die Frage, wie ich dieses Pulver auf das Tiramisu bekommen sollte.
Einmal kräftig in die Packung blasen und …. Das war ein Witz!
Nach längerem Überlegen kam ich zu dem Entschluss, dass ich das Pulver mittels eines Siebes auf dem Tiramisu verteilen würde.
Okay! Vielleicht hätte ich etwas länger nachdenken sollen.
Das Pulver fiel durch das Sieb, als hätte es kein Netz, das es fein verteilen könnte. Wie ein Fass ohne Boden. Das Tiramisu war immer noch unbestäubt. Meine Küche allerdings….
Vor meinem geistigen Auge sah ich meine Perle, beim Anblick der Küche, in Ohnmacht fallen.
Ich nahm mir das kleinste, feinste Sieb, das ich in meiner Küche finden konnte.
Et voilà! Es waren zwar noch einige helle Stellen zu sehen, aber der größte Teil war bestäubt.
Wenn ich der irren Meinung war, ich hätte die größten Hürden geschafft, so muss ich zugeben, dem war nicht wo. Das Tiramisu musste noch auf den Teller.
Das erste Stück landete verunfallt auf dem Teller. Das zweite Stück hatte keinen Boden, dem dritten fehlten ein paar Biscuits.
Aber dann….
Okay! Eine Minute später sah es nicht mehr so kompakt aus. Ihr wisst
schon… der Eischnee….
Ich servierte Misuki das Tiramisu. Was dann geschah, kann ich immer noch nicht glauben. Ihr werdet es wohl auch nicht.
Misuki schloss voller Genuss die Augen. Ein langes hmmmmm folgte.
„Ist das lecker“, sagte sie immer wieder. „Das ist eines der besten Tiramisus, das ich je gegessen habe.“
Wie sagte Massimo? „Seine Maamaa machen die beste Tiramisu von die Welt.“
Wie würde dieses Tiramisu wohl schmecken, wenn es Massimos Mama zubereitet hätte?
Ich muss sagen, es war ein gelungener Abend. Allerdings nur, was das Essen angeht. Die Zubereitungen allerdings….
Jetzt sind es noch 30 Events! Ich werde auch diese hinter mich bringen.
Ob ich allerdings je wieder dieses: „hmmmmm ist das lecker“, hören werde?
Egal! Ich würde gerne sagen, es kann nur noch besser werde, dafür kenne ich mich und meine Kochkünste allerdings zu gut, um so etwas zu schreiben.