Baeckeoffe! Es ist vollbracht. Ich verstehe jetzt, warum man das Gericht in den elsässischen Lokalen immer vorbestellen muss. Ist das arbeitsreich! Uff!
Freitag in der Frühe, ich bin der erste Kunde im Feinkostladen. Die Verkäufer der Metzgerei gehören mir. Ich erkläre, was ich kochen will und welche Fleischsorten ich dafür benötige. Welchen Teil der Tiere ich benötige, weiß ich allerdings nicht. Sie werfen mit Infos um sich und ich verstehe nur Bahnhof. Die Rettung nahte in Gestalt eines Cuisinier (Koch) der Auberge…. Er sagte mir, welche Teile ich benötige und ich gab meine Bestellung in Auftrag.
Ich kaufte Gemüsezwiebeln, Porree und Kartoffeln und ging zur Kasse. Wow! Und das war früher ein armer Leute Essen? Etwas irritiert über die Höhe der Rechnung, verließ ich den Feinkostladen. Armer Leute Essen!
Zuhause schnitt ich das Fleisch in größere Stücke. Der Fleischberg wurde immer größer. Der Knoblauch wurde nur geschält. Dann waren die Zwiebeln an der Reihe. Ein Kilo Zwiebeln sind eine riesige Menge. Mit dreimaliger Unterbrechung schnitt ich sie in dünne Scheiben. Wow! Meine Augen waren verquollen und die Nase lief. Weinen, weinen, weinen! Es war wie immer. Die Zwiebeln warfen mich um fünfundvierzig Minuten zurück.
Dann musste das Fleisch vermischt werden. Ich spürte, wie die Übelkeit meine Kehle hochkroch. Tote Tiere! Ich fühlte mich schlecht. Wenn diese 52 Wochen vorüber sind, wird nie wieder ein Tier meinetwegen sterben!
Ich gab Fleisch, Knoblauch und Zwiebeln in eine Schüssel, gab die Gewürze hinzu und goss den Wein darüber. Die Schüssel war gefüllt bis zum Rand. Nachdem der Deckel aufgelegt war, kam sie in den Vorratskeller. Dort ist es dunkel und kühl. Jetzt musste alles 24 Stunden ziehen. Wohin auch immer.
Am Nachmittag hatte ich einen Termin bei meiner Kosmetikerin. Etwas Erholung tat gut. Ich erzählte von meinen Kochkünsten und wir lachten zusammen. Sie hatte sich bereits bei unserem ersten Gespräch gedacht, dass die Sache nicht gut gehen wird.
Samstagmorgen begann ich um acht Uhr mit der Arbeit. Drei Kilo Kartoffeln wollten geschält werden. Ich kann Euch sagen, das war eine Arbeit! Die Dinger waren winzig klein. In diesem Feinkostladen ist alles fein, sprich klein. Auch die Kartoffeln.
Ich hatte Mühe, die Dinger zu schälen. Nach kurzer Zeit verkrampften sich meine Finger und ich musste eine Pause einlegen. Hinzu kam, dass die Dinger keine gleichmäßige Form haben. Immer wieder musste ich das Messer nehmen, um auch das letzte Fetzelchen Schale abzuschneiden.
Ich hatte zuerst die größeren Kartoffeln geschnitten. Das ging noch ganz gut, aber dann wurden die Dinger immer kleiner, immer winziger. Der Kartoffelschäler wurde unhandlich und ich nahm das Messer.
Tja! Was soll ich sagen. Kartoffel und Messer mochten sich nicht. Das Messer schnitt eindeutig zu viel Schale ab und was es von der Kartoffel übrig ließ war, nun, sagen wir mal so, nicht mehr auf Anhieb als Kartoffel erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt hoffte ich noch, dass ich die Kartoffeln nicht alle verbrauchen müsste und die bereits geschälten ausreichen würden. Tja! Man wird schnell eines besseren belehrt und die Hoffnung starb mit jeder Kartoffelscheibe, die ich in den Topf legte.
Jedenfalls, ich schnitt die Kartoffel in Scheiben. Okay! Sie waren etwas dicker, als sie hätten sein dürfen. Dass sich mein Unwissen später aufs übelste rächen sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal ahnen.
Die elsässische Baeckeoffe-Terrine war ein Problem. Ich besitze keine. Will auch keine. Das waren die ersten und letzten Baeckeoffe meines Lebens. Warum also gutes Geld für eine Terrine ausgeben? Unnötigen Ballast anschaffen?
Ich fand einen großen Topf, dessen genaue Bezeichnung mir nicht bekannt ist. Er ist oval und war für meine Baeckeoffe wie gemacht (oder auch nicht!). Ich fettete den Topf (okay! Ich hatte es mal wieder zu gut gemeint…). Dann belegte ich den Boden mit der ersten Lage Kartoffeln. Darauf wurde die erste Lage Fleisch ausgebreitet. Während ich das Fleisch in den Top schichtete, fiel mir ein, ich musste die Kartoffeln würzen.
Grrr! Fleisch wieder raus und würzen. Sparsam mit Salz, Pfeffer etwas mehr. Fleisch wieder rein, würzen, mit Zwiebeln belegen, würzen, Kartoffel schichten, Fleisch schichten, würzen, Grrr! Habe vergessen die Kartoffeln zu würzen. Okay! Zu spät! Ich würzte das Fleisch etwas mehr. So schichtete ich alle Zutaten übereinander. Dann kam die letzte Schicht Kartoffeln.
Oooh! Oooh! Oooh! Meine Kartoffelscheiben reichten nicht mal annähernd aus, um die letzte Lage auszubringen. Also! Die immer winziger werdenden Dinger schälen, in Scheiben schneiden und ab in den Topf. Mit der letzten Kartoffel war der Topf endlich voll. Uff!
Tja! Mal wieder einen kapitalen Bock geschossen. Im Wissen, dass jedes Mal etwas schief geht, habe ich auch diesmal von allem die doppelte Menge gekauft. Obwohl ich das diesmal nicht müsste. Wenn es schiefgeht, dann komplett. Zeit für eine second chance bleibt keine mehr. Selbst wenn ich noch Zeit hätte, fehlte mir das Material. Ich habe alles in diesen Topf gepackt. Oh, oh! Wer soll das alles essen?
Ich goss den Sud über die Schichten und würzte die letzte Lage Kartoffeln. Jetzt noch Knoblauch und Lorbeerblätter und der Topf konnte in den Ofen.
Wow! Noch nichts angebrannt. Nichts verletzt! Ich bin stolz auf mich.
10:30 Uhr stand der Topf im Ofen. Baeckeoffe würde jetzt bei 80° zwischen sechs und acht Stunden vor sich hin garen. Die Gäste konnten kommen. Das Essen würde um 18 Uhr auf dem Tisch stehen. Ach – manchmal ist man so blauäugig.
Meine Gäste kamen kurz vor Mittag. Ich musste erstmal berichten, was es zu essen geben würde. Was ich bis dahin alles angestellt hatte, ob schon etwas gebrannt hatte, der Feuermelder geschrillt hatte und, und, und.
Wir verbrachten einen schönen Nachmittag. Ich war erleichtert, dass meine heutige Aufgabe zwar arbeitsreich, aber relativ ungefährlich war. Je näher der Zeiger der Uhr auf 18 Uhr vorrückte, umso aufgeregter wurde ich. Schließlich sollte an diesem Tag zum ersten Mal das Essen pünktlich auf dem Tisch stehen.
Ich deckte den Tisch und bereitete alles vor. Kurz vor 18 Uhr nahm ich den Topf aus dem Ofen. Ich nahm den Deckel ab und meine Gäste platzten fast vor Neugierde.
Tja! Was soll ich sagen? Es war nichts verbrannt. Nicht mal stark gebräunt. Nein! Es war nicht mal gebräunt. Es sah blass aus - roch aber gut. Annemie probierte ein Stückchen Kartoffel. Ich hörte dieses Geräusch, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Dieses Geräusch, das entsteht, wenn jemand in eine rohe Kartoffel beißt. Oooh!!!
7,5 Stunden im Ofen und dann rohe Kartoffeln!
ICH KANN ES NICHT!!!
Annemie blieb ruhig. Kein Wunder. Sie kocht mit einer Leidenschaft, die ich nie haben werde. Gar nicht haben will! Der Topf wanderte für eine weitere halbe Stunde in den Ofen. Die Temperatur wurde auf 200° erhöht. Die Minuten schlichen und nach einer halben Stunde wurde der Topf erneut aus dem Ofen geholt. Die Kartoffeln hatten ihre Farbe leicht verändert, waren aber immer noch hart. Annemie probierte ein Stückchen Fleisch – hart. Grrr! Wieder wanderte der Topf in den Ofen. Eine weitere halbe Stunde, in der mein Frust immer größer wurde.
Inzwischen war es 19 Uhr und erneut keimte Hoffnung auf. Hoffnung auf weiche Kartoffeln und zartes Fleisch. Tja! Wieder war ich einer Hoffnung beraubt, denn der Topf wanderte ein weiteres Mal in den Ofen. Manfreds Hunger war nicht mehr zu überhören. Sein Magen knurrte inzwischen laut vor sich hin. Auch Annemie wurde unruhig. So kam es, dass wir schon mal den Salat aßen. Er war zwar als mein Abendessen gedacht, aber ich teile ja gerne.
Nach weiteren dreißig Minuten holten wir den Topf erneut aus dem Ofen. Die Kartoffeln können mich nicht leiden. Kann ja nur so sein. Aber Annemie, dieser herzensgute Mensch, meinte, dass ich die Kartoffelscheiben zu dick geschnitten hätte. Tja! Muss wohl so sein. Zudem hätte ich die Temperatur zu niedrig eingestellt.
Nachdem wir den wahren Schuldigen ausgemacht hatten, wanderte der Topf wieder in den Ofen. Diesmal würde es definitiv das letzte Mal sein. Annemie hatte Hunger und drehte die Temperatur nochmal hoch.
Punkt 20 Uhr piepte die Zeituhr zum letzten Mal. Der Topf kam aus dem Ofen und oh Wunder, die Kartoffel waren, wollen wir es mal gnädigerweise sehr bissfest nennen.
Ich gab die Baeckeoffe auf die Teller und machte das obligatorische Foto.
Ich wollte keine Bewertung hören. Traute mich kaum, danach zu fragen. Aber das musste ich auch nicht. Annemie sagte, dass es sehr lecker wäre. Auch wenn die Kartoffeln noch etwas Biss hätten. Das Fleisch wäre zart und zerginge auf der Zunge. Ich wollte ihr glauben, schließlich belügt sie mich nie! Warum sollte sie ausgerechnet an diesem Abend damit anfangen?
Auch Manfred war begeistert. Er sagte, wenn man die Kartoffeln in der Soße zermatscht und mit dem Fleisch zusammen isst, dann schmeckt es wunderbar.
Ich lasse das jetzt einfach mal so stehen. Vielleicht waren sie froh, dass es nicht noch grauenvoller geschmeckt hat und so bin ich gerne bereit, ihnen diesen kleinen, lieb gemeinten Schwindel zu verzeihen.
Ich war froh, dass dieser Event endlich vorbei war. Der übrige Abend gestaltete sich noch sehr harmonisch. Über das Essen haben wir nicht wieder geredet.
Auch wenn es nicht so einfach war und auch keineswegs so gelaufen war, wie ich es mir erhofft hatte. Eines muss ich jedoch lobend erwähnen. Diesmal ist mir nichts abgebrannt. Ich habe nicht mal irgendetwas stark gebräunt. Auch ein Fortschritt. Ha! Ich weiß. Ihr wartet schon auf den nächsten Event. Chloé wird schon dafür sorgen, das es mir nicht zu wohl wird.
Jetzt sind es noch 47 Events und ich kann es kaum noch erwarten, es endlich hinter mir zu haben. Aber das dauert noch….