Gulasch nach Art des Hauses! Ich habe aus verschiedenen Rezepten die für mich besten Komponenten zusammengestellt. Mit eurer Hilfe ging es auch relativ einfach. Danke!
Leider war es wie immer. Die Zutaten einzukaufen und vorzubereiten war relativ einfach (wenn man von den Zwiebeln mal absieht!). Aber das Ganze dann, in einem Topf, zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen – na ja!
Ich bin ja immer noch der Meinung, die toten Tiere haben etwas gegen mich. In Anbetracht der Tatsache, dass ich Vegetarier bin, drohte ihnen bisher keine Gefahr meinerseits. Das hat sich jetzt grundlegend geändert. Ich koche! Ja, ich weiß, ich versuche zu kochen. Aber egal wie man es nennen mag, ich verarbeite tote Tiere. Ich bin kein Fanatiker, der meint, die Menschheit müsse auf den Genuss von Fleisch verzichten. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich esse sie nicht.
Aber zurück zum Thema. Das Fleisch hat definitiv etwas gegen mich. Es hat sich mit den Töpfen und Pfannen verbündet und kämpft, mit deren Hilfe, gegen mich. Haha! Ist doch wahr. Ich gebe wirklich mein Bestes.
Gestern Morgen, Ostersamstag, der kam auch wieder plötzlich und unerwartet, denn die Massen strömten im letzten Augenblick in die Läden, um ihre Ostereinkäufe zu erledigen. Ich mittendrin. Okay! Ich war bereits um sechs Uhr unterwegs. Aber ich habe ja schon einmal von den Bediensteten erzählt, die um diese Uhrzeit unterwegs sind. Ich reihte mich also in die Schlange vor der Fleischtheke ein (hier liegt nur Fleisch von glücklichen Tieren!). Ich lauschte den Erzählungen der vor und hinter mir stehenden. Was die alles kochen wollten an Ostern und vor allem, für wie viele Leute die kochen wollten. Wow! Ich war sprachlos.
Als ich dann endlich an der Reihe war, trug ich mein Anliegen vor. Eine Verkäuferin muss doch wissen, wieviel Fleisch ich für so eine Mahlzeit brauche. Das tat sie dann auch. Blieb die Frage, welche Sorte Fleisch ich nehmen sollte. Jetzt mischten sich auch noch ein paar Kundinnen ein. Rindfleisch müsse es sein. Das gebe der Soße eine schöne, dunkle Farbe. Ha! Farbe bekommt das Fleisch bei mir immer. Egal welche Sorte, ich bräune alles.
Ich nahm halb Rind, halb Schwein. Ein Kilo, man weiß ja nie! Ich habe allerdings nicht verraten, für wie viele Leute ich kochen würde. Die hätten gedacht, mein Gast sei ein Vielfraß.
Ich kaufte Gemüsezwiebeln, weil die milder wären. Eine überdimensionale Knoblauchzwiebel und Salat (ich muss ja auch etwas essen). Als Beilage zum Gulasch nahm ich Fussili. Da bleibt viel Soße kleben.
Punkt 14 Uhr, begann ich mit den Vorbereitungen. Ich pellte Knoblauch und Zwiebeln. Nach dem Pellen war die obligatorische Pause von zehn Minuten angesagt. Von wegen, Gemüsezwiebeln sind milder. Anscheinend hat niemand die Zwiebeln davon unterrichtet. Sie standen ihren kleineren Verwandten in nichts nach. Okay! Vielleicht sind meine Augen auch noch nicht an das ätherische Öl dieses Gewächses gewöhnt. Ob sich das im Laufe eines Jahres ändert, bezweifele ich sehr.
Nach der Pause schnitt ich die Zwiebeln in etwas größere Stücke. Die Verkäuferin sagte, sie müssen im Gulasch nicht so fein sein. Sie wurden mit jeder Zwiebel größer. Schließlich musste ich ein Kilo dieser Monster schnippeln.
Habt ihr mal den Film Julie et Julia gesehen? Julia lernt darin Zwiebeln in kleine Würfel zu zerteilen. Sie übt zuhause und der Berg geschnittener Zwiebeln ist enorm. Das kann mir nicht passieren. Ich schneide nicht mehr als ich brauche (inklusive Notration). Und freiwillig schon gar nicht!
Nach einer weiteren Tränenreichen Pause, nahm ich mir den Knoblauch vor. Jemand hatte mir gesagt, man benötigt dieselbe Menge Zwiebeln wie Fleisch. Von Knoblauch hatte niemand etwas gesagt. Ich interpretierte die Menge Knoblauch nach eigenem Gusto. Nun ja! Das Haus roch jetzt mal ausnahmsweise nach Knoblauch. Kein Vampir hätte sich auf mehr als hundert Metern genähert. Zum Schluss schnitt ich mir dann noch in den Finger. Glücklicherweise tropfte das Blut in den Handschuh.
Dann machte ich mich ans Trockentupfen. Ja! Ich habe mir Freitag den Film nochmal angesehen. Da wurde das Fleisch immer trockengetupft. Das sah gebraten sehr gut aus. Okay! Meryl Streep hat sicher nicht selbst gekocht. Dafür haben die ihre Köche. Oh! Ein Himmelreich für Paul Bocuse!
Ihr glaubt nicht, wieviel Arbeit so ein Tupfen macht. Ich habe fast un rouleau d'essuie-tout aufgebraucht. Pardon! Küchenrolle!
Dann begann ich meine obligatorischen Vorkehrungen: Fenster öffnen, Dunstabzug einschalten, Wischmop bereitstellen, Matte vor dem Herd auslegen (mindert die Gefahr der Rutschbahnbildung) Asthmasspray und Brandsalbe bereitlegen, Pflaster vorbereiten, Schutzbrille anziehen.
Dann ging‘s los. Ich erhitzte den Topf und gab das Fett hinein. Ich hatte gelesen, man solle das Fleisch in drei Portionen anbraten. Vorsichtshalber machte ich ein paar Portionen mehr daraus. Ich habe bereits eine dreiwöchige Erfahrung, die besagt: Du kannst es nicht! Das Fett warf Blasen, spritzte und kümmerte sich keinen Deut um mein Wohlergehen. In den Rezepten stand: „Das Fleisch bei sehr hoher Hitze rundherum kräftig anbraten. Immer erst die nächste Portion braten, wenn das Fleisch wirklich braun ist, nur so entwickeln sich Röststoffe“. Ha! Das Fleisch hatte Röstaromen, mehr als ihm lieb war. Nachdem ich die einzelnen Portionen mit Röstaromen versorgt hatte, nahm ich sie aus dem Topf. Immer treu nach Rezept: „Wieder etwas Schmalz im Topf erhitzen und die nächste Portion nehmen - bis alles Fleisch nach und nach angebraten ist“. Nach schweißtreibenden, gefühlten hundert Stunden, war ich fertig mit braten. Der Topf hatte eine diskrete Schicht Röstaromen. Ich hatte in mehreren Rezepten gelesen, dass sich der Belag am Topfboden mit dem Ablöschen löst und der Soße ein gutes Aroma gibt. Bon!
Das geöffnete Fenster und der Dunstabzug sorgten dafür, dass es nicht zu sehr nach diesen Röstaromen roch. Ich suchte aus den vielen Portionen angebratener Fleischstückchen diejenigen heraus, die nicht gar so viele Röstaromen abbekommen hatten. Von einem Kilo Gulasch im Rohzustand, blieben eben mal etwas mehr als 300 Gramm angebratenes Gulasch übrig.
Nun kam der große Moment. Die Zwiebeln sollten in den Topf. Irgendwie gefiel ihnen der Bodenbelag nicht und sie färbten sich augenblicklich braun. Tja! Das war‘s mit meinen Röstaromen für die Soße. Ich war etwas ratlos und trauerte noch den Röstaromen nach, als ein grauenvoller Ton ertönte. Der Brandmelder! Ups! Ich hatte vergessen die Batterien zu entfernen. Bon! Ein kurzer Anstupser mit dem Stil des Wischmop´s und es herrschte Ruhe. Okay! Ich werde nächste Woche einen neuen besorgen.
Der Topf mit den übermäßigen Röstaromen, die sich mit den Zwiebeln verbunden hatten und leider zu Briketts wurden, stellte ich in die Spüle. Das Zwiebeln aber auch so kleinlich sein müssen.
Ich nahm einen neuen Topf und gab das angebratene Fleisch hinein. Zum Glück hatte ich noch meine Notfallration Zwiebeln. Ich gab die Zwiebeln in den Topf und rührte um. Oh! Irgendetwas störte mich, aber was? Ich gab den Knoblauch dazu und rührte weiter. Man hatte mir gesagt, das Gulasch sei fertig, wenn die Soße schön sämig sei und die Zwiebeln verkocht seien. Das Gulasch konnte unmöglich schon fertig sein. Die Zwiebeln waren hart und der Knoblauch ebenso. Aber das flüssige Schmalz umhüllte alles so wundervoll, dass es jetzt schon aussah, als sei es fertig. Ob das so sein sollte?
Ich gab die Hälfte der Bouillon(Feinkosthändler), Gewürze und Kräuter hinzu und rührte nochmal alles um. Jetzt musste das Ganze 45 Minuten vor sich hin köcheln und dann kam die restliche Bouillon hinzu. Ich stellt den Piper und hoffte das Beste. Das Gulasch sollte ungefähr 1,5 – 2 Stunden köcheln. In Anbetracht der Tatsache, dass es inzwischen 17:48 war, würde auch dieses Essen nicht pünktlich beginnen. Vielleicht sollte ich meine Einladungen etwas später terminieren. Aber es gibt da ja noch Monsieur le Baron de Rothschild.
In Gedanken versunken, machte ich mich daran, die schlimmsten Spuren meiner bisherigen Tätigkeit zu entfernen. Wow! Wenn meine Perle das sehen würde. Im Eifer des Gefechtes war mir noch nicht aufgefallen, in welchem Zustand sich die Küche befand.
Der Piper ertönte bereits, während ich immer noch wischte. Ihr könnt euch meine Überraschung nicht mal annähernd vorstellen, als ich den Deckel vom Topf nahm. Ein See aus Fett, mit einer Unterwasserwelt aus Fleischstückchen und undefinierbarem Zeug. Tja! Ob das so sein sollte? Ich war mir keiner Schuld bewusst und gab die restliche Bouillon hinzu.
Ich deckte den Tisch und holte den Wein aus dem Keller.
18:45 Uhr klingelte es. Albert kam eine dreiviertel Stunde zu spät. Er hatte sich gedacht, er könne noch wichtiges erledigen, bevor er auf das Essen warten müsse. Haha! Wie Recht er doch hatte. Baron de Rothschild versüßte ihm die restliche Wartezeit.
Ich begab mich wieder in die Küche und kochte die Fussili. Oh non! Keine Fehler. Fussili sind Pasta und Pasta ist wunderbar. Ich mischte den Salat und machte mich an das Gulasch. Der Schock, als ich in den Topf blickte, lässt sich kaum in Worte fassen. Der See aus Fett hatte sich nicht einen Deut verkleinert. Das sollte ganz sicher nicht so sein. Ich nahm eine Schöpfkelle und versuchte zu retten, was zu retten war. Schließlich hatte ich es geschafft und das Gulasch sah einigermaßen essbar aus.
Ich stellte das Essen auf den Tisch und machte das obligatorische Foto. Le Professeur de sociologie beäugte die Terrine und die Beilagen. Meinte, zu Gulasch gab es bei seiner Mutter immer Knödel oder Kartoffeln. Jetzt war es aber genug. Ich habe mich stundenlang mit dem Gulasch beschäftigt. Ich werde nicht auch noch Kartoffeln kochen oder gar Knödel fabrizieren. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Ich habe doch kein Sternerestaurant und serviere à la carte. Haha! Bei dieser Vorstellung bekam ich einen Lachanfall und Albert war einigermaßen versöhnt.
Nun zum Geschmack. Es war logisch, dass das Gulasch nach Fett schmecken würde. Ich habe alles nach Rezept ausgeführt. Anscheinend gab es irgendwo eine Fehlinterpretation meinerseits. Was soll’s. Jetzt kann man es nicht mehr ändern.
Die Fleischstückchen konnten sich nicht über ihre Konsistenz einigen und so kam es, dass zwischen weich und sehr bissfest alles vertreten war.
Zur Würze meinte Albert nur, dass er bereits gehört habe, dass ich es mit dem pfeffern nicht so habe. Dementsprechend war das Gulasch auch sehr scharf. Nun ja! Ich hatte im Feinkostladen keinen Paprika edelsüß gefunden (was wohl an den vielen Döschen lag, die da rumstanden) und so nahm ich rosenscharf. Woher sollte ich den Unterschied kennen? Vielleicht hätte ich vor dem Kochen mal googlen sollen. Na ja! Und da war dann auch noch der Pfeffer. Mit dem bin ich auch nicht gut Freund. Hinein damit, es wird schon gutgehen. Ups! Ging nicht gut!
Albert fand im Kühlschrank Crème fraîche und rührte sie unter das Gulasch und nahm ihm so etwas von der Schärfe. Irgendwann fand er es essbar und hatte keinerlei Einwände mehr.
Nachdem Albert sich verabschiedet hatte, begab ich mich in die Küche um das Schlachtfeld einigermaßen zu entschärfen. Ich will Dienstag keinen Herzinfarkt riskieren oder gar eine Kündigung.
Die Herdplatte war von einer dicken Fettschicht überzogen. Es dauerte fast eine Stunde, bis ich das Zeug wieder runter hatte. Zum Glück hatte ich im Schrank ein Reinigungsmittel gefunden, das den Herd fast wieder in den „vor dem Kochen“ Zustand versetzte. Leider hat das Kochfeld jetzt zwei tiefe Kratzer. Woher die kommen? Keine Ahnung! Zum Rest kann ich nur sagen: Anfand Mai kommt der Maler und beseitigt die gepunktete Tapete. Dann bekommt das Umfeld des Herdes einen großzügigen Spritzschutz (er hat jetzt so ein winziges Ding, das nicht viel nützt). Der Küche steht schließlich noch einiges bevor.
So ging auch dieser Abend zu Ende. Ich habe gekocht, bin fix und fertig, will nur noch unter die Dusche und ins Bett.
Jetzt sind es nur noch 48 Events. Auch sie werden vorüber gehen. Entweder habe ich mir dann ein dickes Fell zugelegt oder ich bin ein nervliches Wrack. Dass ich kochen gelernt habe, kann ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Warten wir’s ab.